Europäische Mitgliedsstaaten verschärfen Asylpolitik

Litauen, England, Dänemark: In Europa scheint sich die Situation für Geflüchtete zu verschlechtern. Welche Länder in den letzten Wochen und Monaten ihre Asylpolitik verschärft haben, und welche Folgen dies mit sich bringen kann, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Am 28.07.1951 verabschiedete die UN die Genfer Flüchtlingskonvention. Seit Beschluss der Konvention hat sich viel verändert. Kriege, Konflikte und Hungerkrisen sowie die Klimakrise führen dazu, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen.

Europäische Länder setzen auf strengere Asylgesetze

Aufgrund der steigenden Zahlen von Geflüchteten setzen immer mehr europäische Länder auf strengere Asylgesetze. Dabei basieren diese auch immer auf härteren und schnelleren Abschiebeverfahren, besonders an den Grenzen Europas. Allein im Jahr 2020 sind 1.426 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Zu den europäischen Ländern, die in den letzten Wochen und Monaten ihre Asylpolitik verschärft haben, zählen unter anderem Litauen, England und Dänemark. Der Trend zu strengeren Asylgesetzen zeichnet sich allerdings in ganz Europa ab.

Litauen

Litauen gilt für viele Menschen auf der Flucht aufgrund der geografischen Lage als “Durchreiseland”. Die Geflüchteten, vor allem aus dem Irak, Syrien, Senegal, Mali und anderen afrikanischen Ländern, versuchen über Litauen in europäische Länder einzureisen. Geflüchtete werden dabei aus Belarus – einem nicht EU-Mitgliedsstaat an der osteuropäischen Außengrenze – gezielt und ohne Mitwissen der litauischen Regierung eingeschleust. Die Regierung Litauens wirft daher dem belarussischen Regime von Diktator Alexander Lukaschenko vor, Geflüchtete als “politische Waffe” einzusetzen.

Litauen gehört schon seit längerem zu einer der Zielscheiben der belarussischen Regierung, da die litauische Landeshauptstadt Vilnius Hauptquartier der belarussischen Opposition ist. Die Anzahl illegaler Übertritte durch Geflüchtete an der litauischen Grenze ist im Vergleich zu 2020 um das 19-fache gestiegen. Laut litauischer Regierung müsse man den Schutz der EU-Ostgrenze dringend verstärken. Es wird hier also zu mehr Abschiebungen und sogenannten “push-backs” an der Grenze kommen. Dadurch müssen Menschen auf der Flucht immer gefährlichere Routen wählen, um in sichere Länder einreisen zu können.

England

Auch andere EU-Länder verschärfen ihre Asylpolitik. In England verabschiedete die britische Regierung 2021, ganz nach Brexit-Versprechen, ein neues Asylgesetz. Dieses beinhaltet die sofortige Haft für Geflüchtete ohne Visum und lebenslange Freiheitsstrafen für Menschenschmuggelnde. Laut der Hilfsorganisation Refugee Council würde das Gesetz 9.000 bisher als Geflüchtete anerkannte Migrant*innen kriminalisieren. Ihnen droht dann eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das neue Asylgesetz beinhaltet außerdem, dass asylsuchende Menschen gar nicht erst nach England einreisen dürfen. Stattdessen sollen sie während ihres Asylverfahrens in Auffangzentren fernab der Insel untergebracht werden.

Dänemark

England ist nicht das einzige europäische Land, das über die Idee externer Auffangzentren für Asylsuchende nachdenkt. Die dänische Regierung verschärft bereits seit Jahren zunehmend ihre Asylpolitik. Im Juni diesen Jahres verabschiedete Dänemark nun ein neues Gesetz. Demnach sollen Asylzentren in Drittländern eingerichtet werden. Wo das ganze stattfinden soll? Hierüber ist sich die dänische Regierung noch unklar, steht jedoch in Gesprächen mit Ruanda, Tunesien, Äthiopien und Ägypten.

Laut neuem Asylgesetz sollen Geflüchtete selbst dann Schwierigkeiten haben nach Dänemark einzureisen, wenn dem Asylantrag stattgegeben wurde. Stattdessen sollen Menschen entweder in dem Land des Auffangzentrums bleiben, oder zunächst in ein UN-Lager für Geflüchtete gebracht werden. Viele Hilfsorganisationen, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, stufen einen solchen Umgang mit Geflüchteten als gewissenlos und sogar potenziell rechtswidrig ein. Auch das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen spricht von Verantwortungslosigkeit. Es warnt vor einem Domino-Effekt, demnach sich immer mehr europäische Länder einem solch unverantwortlichen Verfahren anschließen könnten.

Solidarisches Europa??

Ein Blick auf die Asylpolitik Europas, vor allem an den Außengrenzen, verstärkt dieses Bedenken: Die europäische Agentur Frontex, zuständig für die Kontrolle der Außengrenzen Europas, gerät immer wieder scharf in Kritik. Anstatt Hilfsorganisationen bei Seenot-Rettungsaktionen zu unterstützen, ist Frontex immer wieder in Fälle verwickelt, bei denen Menschen in Booten illegal abgeschoben werden. Von einem solidarischen Europa ist hier nichts zu spüren.

Einerseits wird die schon fast bizarre Vorstellung von Einheit, Solidarität, Gemeinschaft und 70 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention als große Errungenschaft gefeiert. Andererseits zeigen jedoch Bilder von überfüllten Schlauchbooten auf dem Mittelmeer und das gesetzlich verankerte Auslagern von Asylsuchenden in Drittländer vor allem die Schattenseiten der „Festung Europas” auf. Solange jeden Tag Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken und Europa nicht in der Lage ist, eine menschenrechtliche Asylpolitik zu fahren und sich weiterhin nach außen abschottet, bleibt die Vision eines solidarischen Europas eben genau das: Eine Vision.

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Louisa Pröschel
Louisa hat Politikwissenschaft an der Universität Hamburg studiert und arbeitet als Werkstudentin am Leibniz-Institut für Medienforschung. Bei kohero möchte sie ihre Forscherinnenbrille absetzen und sich dem Handwerk Journalismus widmen, um mit Menschen über wichtige gesellschaftspolitische Themen zu sprechen und zu schreiben.

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