Rückblickend auf den Juni ist eine beängstigende politische Entwicklung aus der rechten Szene zu sehen. Im ARD-Deutschlandtrend ist die AfD auf 18 Prozent der Stimmen gekommen und ist damit gleichauf mit der SPD. Der Trend wird zur bitteren Realität im thüringischen Sonneberg. Hier gewinnt die AfD erstmals eine Landratswahl.
Das rechtspopulistischen Stimmen zunehmend an Bühne gewährt wird, zeigt der jüngste Auftritt von Claudia Pechstein auf dem CDU-Konvent. Das sie mit ihrem rechten Gedankengut nicht allein ist, bestätigt das zustimmende Publikum während ihres Auftritts. Die Verbreitung von rassistischen Ressentiments geht im Alltag der Menschen nicht spurlos vorbei. Menschenverachtende und demokratiefeindliche Äußerungen im öffentlichen Diskurs wie „…die Anwesenheit von nichtabgeschobenen Asylbewerber stellt ein deutliches Sicherheitsproblem dar“, befeuern rassistische und rechtsextreme Handlungen. Dies hat womöglich fatale Folgen für Muslim*innen oder muslimisch gelesene Personen in Deutschland.
Die Normalisierung von antimuslimischen Äußerungen bringt im Umkehrschluss einen Freifahrtschein für rechtsextreme und rassistische Handlungen. Das jüngst veröffentlichte Lagebild der Allianz gegen Muslim und Islamfeindlichkeit Claim belegt, dass für das Jahr 2022 insgesamt 898 antimuslimische Vorfälle dokumentiert wurden. Im Schnitt sind das zwei antimuslimische Vorfälle pro Tag. Claim ergänzt hierzu, dass die Dunkelziffer noch viel höher sei. Hinzu kommt, dass schonungsloser Vandalismus und Angriffe auf Moscheen in Deutschland keine Seltenheit mehr sind.
Übergriffe werden kleingeredet
Seien es die Schüsse auf einer Moschee in Halle oder die Brandstiftung auf einer Chemnitzer Moschee, eins haben sie gemeinsam, über die Vorfälle auf die Safe-Places der etwa 5,6 Mio Muslim*innen in Deutschland wird überwiegend geschwiegen. Auch die täglichen rassistischen Übergriffe auf Muslim*innen werden kleingeredet. Brachen wir uns darüber noch wundern?
Eher nein. Denn ob die Religion des Islams und die Muslim*innen zu Deutschland gehören oder nicht, wird nicht erst seit gestern ausdiskutiert. Muslim*innen oder den Islam als „Problem“ zu deklarieren, verstärkt nur das Narrativ einer fremden Bedrohung im eigenen Land. Selten übernehmen Muslim*innen in den Medien die Rolle eines wichtigen Akteurs, eher werden sie zum Gegenstand einer Diskussion. Stereotypisierungen und die Zuschreibung von negativen Merkmalen gehören zur Agenda. Antimuslimischer Rassismus ist in Deutschland kein Randphänomen mehr und gehört nicht tot geschwiegen. Was definitiv fehlt ist eine zivilgesellschaftliche Solidarität auf offenen Straßen.
Körperliche und verbale Angriffe gegen Muslim*innen und muslimisch gelesene Personen finden zu 25 Prozent im öffentlichen Raum statt. Welches Ausmaß Rassismus annehmen kann, haben die Anschläge von München, Halle und Hanau deutlich aufgezeigt. Das Erstarken der rechtspopulistischen Macht schürt Ängste für die kommende Zukunft in Deutschland. Um das Gespräch über antimuslimischen Rassismus salonfähig zu machen, bedarf es nicht erst der Veröffentlichung von Zahlen und Statistiken. Betroffene Stimmen muss die aktuell fehlende Bühne geboten werden um auf die Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.
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