Fern sterben! Wer begleitet uns am Ende?

Dank der deutschen Willkommenskultur im Jahr 2015 leben mehr als eine Millionen Geflüchtete in Deutschland. Wahrscheinlich werden viele von ihnen hier sterben. Wie würde es weiter gehen und wer würde sich um die Sterbende kümmern? Welche Schwierigkeiten gibt es dabei?  

Fern sterben!

Fern von der Heimat sterben

Während eines Interviews mit drei Ehrenamtlichen, die über ihre Tätigkeit als Sterbebegleiter*innen erzählt haben, habe ich mir Gedanken gemacht, wie eine solche Situation für Geflüchtete aussieht, wenn einer der Familie stirbt?

Es ist bekannt, dass der größte Teil der neuen Zuziehenden Muslime sind, bei denen erwartet wird, dass die Familie rund um die Uhr für die Sterbenden da ist. Doch was tut man, wenn die Angehörigen keine Zeit haben? Oder im schlimmsten Fall, wenn der Schwerkranke in Deutschland überhaupt keine Familie hat?

Es gibt viele Menschen mit Migrationshintergrund, die kurz vor dem Tod jemanden brauchen, der*die ihre Sprache spricht und sie versteht. In vielen Fällen haben Familien es erlebt, einen geliebten Menschen zu verlieren und sich um die Beerdigung in dem neuen Land kümmern zu müssen. Allerdings wissen sie gar nicht, wohin sie gehen müssen, um dabei Hilfe zu bekommen. Oft wissen sie nicht, dass es Hospizdienste gibt, die Sie beim Sterbeprozess des Angehörigen begleiten.

Kaum Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund

Seit vielen Jahren engagieren sich Ehrenamtliche deutschlandweit dafür, Schwerstkranken und sterbenden Menschen in der letzten Zeit ihres Lebens zu begleiten und sie ihnen ihren Vorstellungen entsprechend zu gestalten. Es geht dabei darum, Verständnis für den anderen zu entwickeln. Zwar gibt es viel mehr, was uns verbindet, als was uns trennt, aber es ist wichtig, zu wissen, was in den verschiedenen Kulturen üblich ist. Im Christentum darf man den Toten zum Beispiel ein bis zwei Tage aufbahren. Im Islam ist das anders, denn der Verstorbene soll schnellst möglichst bestattet werden.

Die größte Herausforderung im Rahmen der Hospizarbeit ist der Mangel an ehrenamtlichen Helfer*innen mit Migrationshintergrund. Denn wenn man kurz vorm Tod steht, braucht man jemanden, dem man seine Gedanken äußern kann, um seine Ängste zu überwinden. Allerdings sind bisher kaum Menschen mit Migrationshintergrund in der ehrenamtlichen Arbeit tätig, um Menschen mit demselben Hintergrund bei ihren Sorgen und Ängsten zuzuhören.

Am Ende stellt sich jeder die gleichen Fragen

Daher ist es notwendig, Ehrenamtliche verschiedener Kulturen für den Bereich des Hospiz- und Palliativdienstes zu gewinnen. Denn es ist bekannt, dass fast alle Menschen am Ende ihres Lebens die gleichen Fragen haben, egal welchen Hintergrund sie haben. Welchen Sinn hat das ganze Leben? Wer erinnert sich danach an mich? Deswegen ist es wichtig für einen Hospizbegleiter, für solche Fragen Antworten zu entwickeln. Und das wäre nur möglich, wenn der*die Helfer*in die Sprache der Schwerstkranken spricht.

Da die Gesellschaft nach und nach vielfältiger wird, müssen Hospizdienste auch in der Lage sein, multikulturelle Angebote für die neuen Bürger anbieten zu können. Das geht nur, wenn sie ausreichend ehrenamtliche Menschen mit Migrationshintergrund finden, die die Chance für neue Bürger verbessern, Angebote der Sterbebegleitung zu bekommen. Dadurch nehmen die neuen Bürger zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die für sie und ihre Angehörigen da sind und sie in der Stunde des Todes in den Armen halten werden.

 

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Ahmad Shihabi
Ahmad Shihabi ist Journalist aus Syrien. Nach seiner Ausbildung im IT-Bereich hat er als Online-Redakteur in einem Magazin in Damaskus gearbeitet. Nach fünf Jahren musste er Syrien wegen des Kriegs verlassen. Seit 2015 ist Ahmad in Deutschland, arbeitet als freier Journalist für Kohero und berichtet aus dem Ruhrgebiet. Aktuell ist Ahmad Mentee beim Mentoring@Ruhrgebiet- Programm der Neuen Deutschen Medienmacher*innen.

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