Im Dezember 2022 wurde die 17-jährige Masumeh von ihrem Vater getötet, der sie gezwungen hatte, minderjährig zu heiraten, während einer feministischen Revolution im Iran. Ihr Vater hat der Polizei den Mord seiner Tochter ohne Verzögern gestanden. Er weiß Bescheid, dass er in der Islamischen Republik des Irans keine Todesstrafe für den Mord an seiner Tochter bekommt, im Gegensatz zu den anderen Mordfällen im Iran. Seine Strafe ist in diesem Fall, denjenigen das Blutgeld zu zahlen, die von der kinderlosen 17-jährigen Masumeh erben könnten.
Als Romina Ashrafi, eine 13-jährige Iranerin, im Mai 2020 von ihrem Vater mit einer Sichel geköpft wurde, wusste ihr Vater nach der Absprache mit einem Anwalt, dass er eine konsequenzlose Entscheidung getroffen hat. Romina ist von zu Hause geflohen, weil sie nicht heiraten wollte. Die Polizei hat sie gefunden und zu ihrem Vater zurückgebracht, obwohl sie die Situation geschildert hatte. Er hat sie danach geköpft, mit einer Sichel.
Im Kokon
Der Tod ist ein religiöser Vater. In seinem Haus herrscht Ordnung mit Disziplin. Dem Tod gefällt es nicht, wenn die Tochter spät nach Hause kommt. Er ist ein gutes Vorbild. Seine Tochter ist heute mit Minirock zur Schule gegangen. Das macht ihn wütend. Die Kleidung ist der Schutz, wie ein Kokon. In jedem Kokon gibt es den Prozess der Veränderung, Verbesserung und Verwirklichung. Er weiß, dass sie ein zerbrechlicher Schmetterling wird.
Der Tod gerät in Angst. Der Tod gerät in Verzweiflung. Der Tod hat noch nie gelernt, wie er mit seinen Gefühlen umgehen soll. Der Tod hat eine Tochter, lebendig im Kokon. Sie wird jeden Tag schöner. Ihre Flügel werden jeden Tag dünner, damit sie irgendwann fliegen kann.
Er weiß, dass sie nie wieder zurückkommt, wenn sie nur einmal diese Welt verlässt. Sie wird irgendwann diese Welt verlassen und mit einer Taschenlampe den Regenbogen suchen. Er weiß, dass sie gehen möchte, wie er selbst damals gegangen ist.
Leicht und ohne Spur, wie der Geist, der bei ihnen im Hause lebt. Für diesen Geist ist Liebe ein Gefängnis, weil sich Verliebtheit wie eine Krankheit anfühlt. Für den Tod empfindet der Geist Mitleid. Der Geist hat keine Tochter. Der Geist muss sich keine Sorgen machen. Der Geist hat keine Religion. Der Geist kann sich nicht auf den Tod freuen.
Jedoch freut sich die Tochter auf die Begegnung mit dem Vater, obwohl er sie nie lieben gelernt hat. Sobald sie den Kokon verlässt, ist sie aufgeregt. Mit jedem Herzschlag kommt sie ihrem Vater näher. Jeden Tag, den sie außerhalb des Kokons lebt, stirbt sie ein wenig mehr. Sobald sie den Kokon verlässt, weiß ihr Vater, was zu tun ist.
Er wird ihr nicht wehtun. Das ist sein Versprechen, denn er weiß eine Wahrheit über das Leben eines Schmetterlings. Im Leben gibt es nicht nur Schmerzen, die dich bis zum Tod begleiten, sondern auch Schmerzen, die dich in den Tod begleiten.
Mehr über Frauen im Iran kannst du z.B. hier lesen
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Bildquellen
- gabriela-tamara-cycman-I-EiXkwo1fU-unsplash: Gabriela Tamara Cycman on Unsplash
Eine Antwort
Werte
Sorour, danke für dein Geschriebenes/ Gedicht? & das du/ Sie es
gestern auf der Demo vorgetragen & mir mailtest. Es berührte mich zu
tiefst.Ich schrieb es handschriftlich ab, werde es aber noch einige
Tage mit mir tragen um es gänzlich zu verstehen zu versuchen. Die Seite
bzw. das Magazin werde ich weiterleiten. Auch dazu mehr die nächsten
Tage. Danke für ¸¸kohero. L.G. Margarete