Taha Hussein: Ein Intellektueller aus Ägypten

Taha Hussain, geboren in Ägypten, war einer der einflussreichsten Intellektuellen der arabischen Moderne und gilt als einer der bedeutendsten arabischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In der ganzen arabischen Welt wird er als „amid al-adab“, als „Doyen der Literatur“ verehrt.

Nagib Mahfus war der Meinung, dass vor ihm eigentlich Taha Hussein (1889 – 1973) den Nobelpreis verdient hätte. Er war Romancier, Essayist, Philosoph, Historiker, Übersetzer, Literaturkritiker und Publizist und wirkte als Professor, Dekan und Rektor in Ägypten an den Universitäten Kairo und Alexandria. Weiterhin war er Berater im Unterrichtsministerium und schließlich Erziehungsminister. Er verfasste mehr als 70 Werke, die in ein Dutzend Sprachen übersetzt sind. Er war Ehrendoktor der Universitäten Oxford, Madrid und Rom und wurde zweimal für den Literatur-Nobelpreis nominiert.

Kindheit und Jugend

Taha Hussein wurde am 14.11.1889 in dem Dorf ‘Izbat al-Kīlū bei Maghaghah in der Provinz al-Minya im mittleren Ober-Ägypten als siebtes von 13 Kindern geboren. Sein Vater war ein Angestellter in einer Zuckerfabrik, so wuchs er in einfachen Verhältnissen auf. Im Alter von drei Jahren erkrankte er an einer Augenentzündung und erblindete aus mangelnder oder möglicherweise falscher medizinischer Versorgung vollständig.

(Die Frömmigkeit der Dorfbewohner ist stark vom Aberglauben geprägt. Sie wenden sich eher an den Scheich als einen Arzt.)

Dennoch verlor er nicht seinen Lebensmut. Dank seiner Willensstärke und Neugierde gelang es ihm, sich eine außergewöhnliche Bildung anzueignen: Er besuchte die Dorfschule, wo es vor allem um das Auswendiglernen und Memorieren des Korans ging. Im Alter von 12/13 Jahren wurde er unter der Aufsicht seines älteren Bruders an die Azhar-Universität geschickt. Es war für ihn besonders wichtig, den Koran auswendig zu lernen, denn als Blinder hatte er wenig Zukunftsperspektiven.

Entweder verdient er seinen Lebensunterhalt damit, bei Feiern und Beerdigungen den Koran zu rezitieren. Oder, wenn er begabt und fleißig ist, studiert er an der Al-Azhar, wird selbst ein Scheich und schart Schüler um sich herum. Doch schon bald langweilte sich Taha. Er verabscheute nicht nur die Fächer, die er studieren musste, sondern mehr noch die konservative Haltung der Professoren sowie deren rückständige pädagogische Methoden. Möglicherweise wurde ihm aufgrund seiner gegnerischen Haltung ein Abschluss im Jahre 1912 verweigert.

Wechsel zur Universität Kairo

Daraufhin wechselte er 1908 zur gerade neu gegründeten säkularen Universität Kairo. Dort lehrten sowohl ägyptische als auch europäische Dozenten, so dass sich für Taha Hussein neue Perspektiven eröffneten. Hier promovierte er 1914 über Abū l-‘Alā’ al-Ma‘arrī (973-1057), einem blinden Dichter der arabischen Klassik.

Studium in Frankreich

Als Stipendiat studierte er fünf Jahre in Frankreich, zunächst in Montpellier, dann an der Sorbonne. Hier promovierte er erneut 1919 über Ibn Chaldun, den nordafrikanischen Geschichtsschreiber aus dem 14. Jahrhundert und dessen soziologische Betrachtung der islamischen Gesellschaft.

Im Jahr 1915 lernte Taha Hussain seine zukünftige Frau, eine Kommilitonin, Suzanne Bresseau (1895-1989) kennen. Sie las ihm vor, stellte Kontakte her, arrangierte Treffen mit Bekannten und unterstützte ihn bei seinen Arbeiten an der Universität. Mit ihr hat er eine Tochter Amina und einen Sohn Moenis, die beide bedeutende Persönlichkeiten in Ägypten wurden.

Professor in Ägypten

1919 kehrte Taha Hussein nach Ägypten zurück und wurde zum Professor zunächst für alte Geschichte, später für arabische Literatur an der Universität Kairo ernannt. Außerdem war er Gründungsrektor der Universität Alexandria, wo er von 1920-1932 als Professor für arabische Sprachen lehrte.

Seine Abwendung von Al-Azhar und seine Öffnung hin zur Moderne und zum Westen hatten zur Folge, dass Taha Hussein ein Leben lang von religiösen und konservativen Kreisen angefeindet wurde. Wegen seiner oppositionellen Haltung nahm man ihm während der Regierung Ismail Sidky Paschas (Premierminister 1930 – 1933 und 1946) seine Ämter und drohte ihm stets mit Verhaftung.

1942 bis 1944 war er als Berater im Unterrichtsministerium tätig und 1950 bis 1952 war er Erziehungsminister. 1959 überreichte Staatspräsident Gamal Abdel Nasser Taha Hussein den ägyptischen Literaturpreis.

Taha Hussein starb am 28.10.1973 in Kairo. Posthum wurde ihm 1973 der „Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen“ verliehen (United Nations Human Rights).

Veröffentlichungen: Romane

 Von den vielen Romanen und Essays, die Taha Hussein geschrieben hat, ist im Westen vor allem seine dreiteilige Autobiographie bekannt: Al-Ayam (Die Tage), die in der Zeit von 1926-1955 entstand und auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Der erste Teil mit dem Titel ‚Kindheitstage‘ (übersetzt von Marianne Lapper 1973), der zweite: ‚Jugendjahre in Kairo‘ und der dritte: ‚Weltbürger zwischen Kairo und Paris’ (übersetzt von Moustafa Maher 1986 und 1989). „Dieser autobiographische Roman ist für die moderne arabische Literatur insoweit von großer Bedeutung, da eine persönliche Lebensgeschichte in Form von Erinnerungen im Mittelpunkt steht, was die Verarbeitung eigener Erlebnisse beinhaltet – genauer, der mühsame Weg eines armen Jungen, dem schließlich Erfolg und Triumph im Verlauf seines Lebens widerfährt“, so Firdaous Fatfouta-Hanka.

Literaturkritik

Sein Werk zur Literaturkritik „Fi l-Adab al-jahili“ und „Fi l-schi’r al-jahili“ („Über vorislamische Dichtung/Literatur“) von 1926/1927 brachte ihm allerdings in der arabischen Welt einige Berühmtheit ein. Darin äußerte er Zweifel an der Echtheit vieler früherer Dichtungen. Indirekt deutete er auch an, dass der Koran nicht als objektive Quelle der Geschichte angesehen werden sollte. Folglich weckte dieses Buch die Wut und Feindseligkeit der religiösen Gelehrten in Al-Azhar und vieler anderer Traditionalisten. Er wurde beschuldigt, den Islam beleidigt zu haben. Nach dem Verbot des Buches, erschien es ein Jahr später ohne die Äußerungen zum Koran.

In seinen Veröffentlichungen versuchte Taha Hussein die in Frankreich erworbene Kenntnis moderner wissenschaftlicher Methoden und Theorien umzusetzen. Er warf vielen Gelehrten im Orient vor, der islamischen Geschichte religiöse Verehrung entgegenzubringen. Dieses mache es unmöglich, die Geschichte auf Kritik und echte wissenschaftliche Forschung gestützt zu betrachten.

Öffnung zur Moderne

Taha Hussein strebte danach, Ägypten zum Westen und zur Moderne hin zu öffnen, ohne die Werte seiner Tradition zu verleugnen. Für ihn ist die geistige Welt Ägyptens von drei Elementen geprägt: Dem Erbe der Pharaonen, der arabischen Zivilisation und dem, was die Fremden beigetragen haben: die Griechen, Römer, Juden und Phönizier in der Antike, die Araber, Türken und die Kreuzfahrer im Mittelalter, die Europäer und Amerikaner in der Neuzeit. „Ägypten war in allem, was sein geistiges und kulturelles Leben anging, immer ein Teil von Europa“ schreibt Hussein in „Mustaqbal ath-Thaqâfa fî Misr“ (Zukunft der Kultur in Ägypten), 1938 verfasst, kurz nach der Unabhängigkeitserklärung Ägyptens nach der langen britischen Besatzung.

Zeit des Aufbruchs

Die „Grundlage der arabischen Kultur stellt einen Teil unserer Identität dar (…) und bewahrt uns davor, im Fremden unterzugehen.“ Bei „Mustaqbal ath-Thaqâfa fî Misr“ handelt es sich um eine dezidiert programmatische kultur- und bildungspolitische Stellungnahme Husseins, die vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung zu verstehen ist. Es war eine Zeit des Aufbruchs und für Taha Hussein bedeutete dies vor allem den Aufbruch in die Zukunft der Bildung. Nur wenn die Ägypter – und die Ägypterinnen! – ihre Bildungssituation verbessern würden, glaubte er, könnten sie ihr Potential ausschöpfen und zu Europa aufschließen.

Dies – so Hussein – könne Ägypten aber nur durch Kultur und Bildung verwirklichen, die wiederum Demokratie und Nation stärken würden. Als Bildungsminister (1950) propagierte er daher den Slogan: Bildung ist für den Menschen so lebensnotwendig wie Wasser und Luft.“ Er setzte sich für eine Reform des ägyptischen Bildungswesens ein. Seine Ziele waren u.a. kostenlose Ausbildung und Förderung von Studien im Ausland. Allerdings ließ die Umsetzung lange auf sich warten.

Nach der Revolution von 1952 setzten die neuen Machthaber den Ausbau des Bildungswesens fort, wobei sie sich vor allem um den quantitativen Ausbau anstatt um die qualitative Verbesserung des Bildungssystems bemühten.

Quellenangabe

  • Wikipedia
  • Eintrag „Hussein, Taha“ in Munzinger Online/Personen – Internationales   Biographisches Archiv, URL: //www.munzinger.de/document/00000003659 Alle Rechte vorbehalten. © Munzinger-Archiv GmbH, Ravensburg
  • Abdellatif Bousseta« Taha Hussein : Vier Wege zur Modernisierung », Philosophia Scientiæ, 20-2 | 2016, 93-114. [En ligne], 20-2 | 2016, mis en ligne le 27 mai 2019, consulté le 17 août 2021. URL : //journals.openedition.org/philosophiascientiae/1181 ; DOI : //doi.org/10.4000/philosophiascientiae.1181
  • //journals.openedition.org/philosophiascientiae/
  • Hans Mauritz, Essay Okt. 2014: Leben-in-Luxor.de/luxor_essays_mauritz_taha.html
  • Germersheimer Übersetzerlexikon UeLEX

Herausgeber: Andreas F. Kelletat kelletat@uni-mainz.de

Aleksey Tashinskiy tashinsk@uni-mainz.de

 

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