Heimat heißt Würde, Freiheit und Zusammenleben

Im Juli 2014 ist Safwat Raslan aus Syrien nach Deutschland geflohen. Obwohl er die deutsche Sprache nicht kannte und nur wenig über dieses Land wusste, hat er von den ersten Tagen an das Gefühl gehabt, willkommen zu sein. Jetzt hat er sich für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden. Hier beschreibt er, welche Empfindungen und Erfahrungen ihn auf diesem Weg begleitet haben.

Ich wurde in Syrien von syrischen Eltern geboren und habe die syrische Staatangehörigkeit geerbt. Auch wenn ich immer noch stolz darauf bin, Syrer zu sein – ich habe mir damals meine Nationalität nicht ausgesucht. Sie war mein Schicksal. Ich habe mein Land geliebt und liebe es immer noch. Diejenigen, die mich genau kennen, wissen, dass die Einwanderung vor 2011 nicht zu meinen Optionen gehörte.
Während der 34 Jahre, die ich in Syrien gelebt habe, habe ich mich nur mit meinem Studium und meiner Arbeit beschäftigt. Von Politik habe ich immer Abstand gehalten. Natürlich waren mir einige Regeln klar: Die Baath-Partei ist die regierende Partei und Assad (Vater, Sohn und Enkelsohn) ist der Präsident. Mit diesen Fakten bin ich wie jeder Syrer dort aufgewachsen.
Mit der Zunahme des Waffen- und Kanonenlärms und der Luftangriffe und mit meiner Sorge um meine Zukunft und die Zukunft meiner Familie, habe ich Syrien verlassen. Mein Ziel war mir bekannt: Deutschland.
2014 habe ich mir meine neue bzw. zukünftige Heimat ausgesucht. Da war mir klar, dass ich mein Mutterland Syrien verloren habe und mich unsicher fühlte.

Das Land hat mich von den ersten Tagen an umarmt

Mitte Juli 2014 bin ich in Deutschland angekommen, in einem für mich fremdem Land. Obwohl ich die deutsche Sprache nicht kannte und wenig über dieses Land wusste, hat das Land mich von den ersten Tagen an umarmt. Es hat mir das Gefühl gegeben, in meiner Heimat und in Sicherheit zu sein. Das konnte ich leider in der letzten Zeit in meiner ursprünglichen Heimatstadt nicht mehr spüren.
Das Land hat tausende oder hunderttausende von Flüchtlingen empfangen, als die meisten Nachbarländer Syriens ihre Türen vor uns geschlossen haben und sich sogar über die Anwesenheit einiger Syrer in Zelten an den Grenzen beschwert haben.
Heute habe ich mich freiwillig entschieden, deutscher Staatsbürger zu sein und Teil dieser Gesellschaft zu sein, die ich als neue Heimat für mich und meine Familie schätze. Es ist eine Heimat, die uns Grenzen und Herzen geöffnet hat und uns in unserer Not unterstützt hat.

Heimat heißt Würde, Freiheit und Zusammenleben

In dieser Heimat kann man wählen gehen und die Stimme zählt. Es ist eine Heimat, in der man zum Land loyal sein soll und nicht zum Präsidenten. Denn Heimat wird nicht nur durch Geographie bestimmt, sondern durch Würde, Freiheit und Zusammenleben.
Abschließende Anmerkung:
Der deutsche Pass kostet 60 Euro. Er ist 10 Jahre gültig und berechtigt ohne Visum zur Einreise in mehr als 170 Länder.
Der syrische Pass kostet 300 Euro. Er ist 2 bis 6 Jahre gültig, aber mit ihm kann man nicht einmal den Hmeimim-Flughafen in der Stadt Lattakia im Herzen von Assads Syrien betreten. Danke Deutschland. Ich bleibe dir lebenslang treu.

Safwat Raslan

ist in Aleppo geboren und aufgewachsen. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler arbeitet heute in einem Beratungsunternehmen und lebt mit seiner Familie in Essen. Sein Leben war nicht immer einfach, doch Safwats Lebensmotto „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, hat ihn immer wieder motiviert. Safwat schreibt nicht nur für kohero, sondern engagiert sich auch in verschiedenen Initiativen. Wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten wurde er 2018 sogar vom Bundespräsidenten in das Schloss Bellevue eingeladen. Seine Geschichte macht Mut und zeigt, dass man seine Ziele nie aufgeben sollte.
Hier könnt ihr noch mehr über Safwat erfahren: Zwischen Trauma und Traum: Safwats Geschichte, Syrian Banker Starts Afresh in Germany und SO VIEL HERZ UND MENSCHLICHKEIT
Schlagwörter:
Foto: Priscilla Du Preez von Unsplash.

Bildung ist Licht

Bildung ist Licht, Unwissenheit ist Dunkelheit – mit dieser Erkenntnis seines Vaters ist Amir Ahmed aufgewachsen. Heute gibt er sie an seine eigenen Kinder weiter. Aber er hat auch Zweifel: Als Journalist aus Syrien erlebt er in Deutschland wenig Anerkennung für seine gute Bildung.

Weiterlesen …
Mina möchte einfach nur frei leben und arbeiten. Foto: Julian Schröpel via Unplash unter CC0-Lizenz

Ich und Deutschland – ein Erfahrungsbericht

Entscheidungen von Behören sind mitunter schwer nachvollziehbar. Manche Antworten wirken widersprüchlich und auf hoffnungsvollen Wegen tauchen immer wieder Hürden auf. Dabei läuft die Zeit: Viele Geflüchtete würden wichtige Lebensjahre gern für Arbeit und Ausbildung nutzen.

Weiterlesen …
Kategorie & Format
Autorengruppe
Safwat Raslan ist in Aleppo geboren und aufgewachsen. Er hat Wirtschaftswissenschaften an der Uni Aleppo studiert und danach mit vielen Unternehmen und Banken zusammengearbeitet. Im Juli 2014 ist er nach Deutschland geflohen. Hier lebt er nun mit seiner Familie (Frau und drei Kinder) in Essen. Zurzeit arbeite ich bei einem Beratungsunternehmen. Daneben engagiert er sich in verschiedenen Initiativen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kohero Magazin