Mit St. Pauli Bats e.V. aus der Isolation

Als Kind kam Samer Ismailat nach Deutschland. Der Basketballspieler konnte wegen seiner Verletzung nicht mehr spielen. Als Streetworker versucht er mit seinen Projekten den Kindern in den Wohnsiedlungen und in den Flüchtlingsunterkünfte neue Ziele zu ermitteln. Er möchte den Kindern ihre Stärken und Schwächen aufzeigen, um ihre persönlichen Potenziale zu entdecken.

Fotograf*in: Issa Ismailat.

Karriere

Samer Ismailat lebt nun in Hamburg. Der aus Beirut stammende Libanese hat mit sechs Jahren gemeinsam mit seiner Familie die Heimat wegen des Bürgerkriegs verlassen müssen. Heute ist der 39-jährige Sportlehrer an der Ganztagsschule St. Pauli.

Samer ist von Beruf Basketballspieler, hat für Cuxhaven in der 2. Bundesliga gespielt. In Cuxhaven hat der Club im Jahr 2007 den sportlichen Aufstieg in die 1.Liga geschafft, konnten aber aus finanziellen Gründen den Aufstieg nicht wahrnehmen. Mit dem Wechsel zur 2. Mannschaft vom FC Barcelona wollte Samer seine Karriere fortsetzen. Allerdings zwang eine Verletzung ihn kurz vor der Vertragsunterzeichnung dazu, diesen Karriereweg zu beenden.

Er kam zurück nach Hamburg und arbeitete als Streetworker. „Trotz des geplatzten Traums habe ich entschieden, eng zu dem Basketball bleiben, und zwar als Trainer meines eigenen Vereins“ erklärt Samer. „Diese Perspektive in diesen Bereich kam, weil ich schon während meiner Karriere immer parallel gecoacht habe und es schon immer mein Plan war “, sagt er in einem Interview mit kohero.

Streetworker

Als Streetworker richtet sich seine Arbeit an Kinder in Flüchtlingsunterkünften. Für die Kinder bietet er seit 2014 kostenlose Camps, Ausflüge und Hip-Hop Kurse an. Damit möchte er ihnen eine Möglichkeit zu bieten, ihre Fähigkeiten zu verbessern und sie aus ihrer Isolation in den Ghettos herausholen. „Ich weiß genau, wie es sich anfühlt, als Kind in ein fremdes Land zu kommen und nirgends richtig dazugehören“, sagt Samer. „Ich habe mit dieser Arbeit angefangen, damit ich den Kindern zeigen, dass es hier jemanden gibt, der sich um sie kümmert und außerdem ihre Sprache spricht“, ergänzt er.

Mehr als ein typischer Basketball-Verein

2016 gründete Samer seinen Sportclub St. Pauli Bats e.V. In dem Verein befindet sich nicht nur eine Sporthalle zum Training, sondern auch eine Einrichtung für Sozialarbeit, um Jugendlichen in dem Stadtteil zu helfen. Im Rahmen der Jugendarbeit engagieren sich Samer und sein Verein auch an unterschiedlichen sozialen Projekten. „Der Verein ist kein typischer Sportverein an sich. Als ich nach Hamburg gekommen bin, habe ich in den ersten Jahren als Streetworker für einen Sozialträger, Spieltiger e.V., gearbeitet, sagt Samer und ergänzt: „Es gibt dort drei von der Stadt finanzierten Spielmobile, mehrere Hauptamtliche und Honorarkräfte.

Wir sind täglich in die Wohnsiedlungen gefahren und haben den Kindern dort Sport-Aktionen angeboten. Außerdem konnten die Kinder in den Spielmobilen Brettspiele spielen, Malen und alles Mögliche, was Kinder Spaß macht“. Während seiner Arbeit hat Samer bemerkt, dass sich das Angebot überwiegend an Kinder von 6-12 Jahren richtete. Viele Kinder in den Notunterkünften und in den Wohnsiedlungen haben gar keine Möglichkeit, sich für Sport oder Freizeitaktivitäten zu engagieren. „Das spielte eine große Rolle, um St. Pauli Bats e.V. zu gründen. Der Verein bietet nicht nur Sport Aktivitäten und Camps, sondern auch Schwimm-Angebote für die Kinder an, besonders für das Alter von 12-17 Jahren“, sagte Samer.

„Integration durch Streetball“

Sport spielt derzeit eine große Rolle, Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen zu bringen. 2017 startete Samer seine Turnierreihe „Integration durch 3×3 Streetball“. Er veranstaltete 31 Turniere im Jahr 2019 und wurde für die Auszeichnung „herausragende ehrenamtliches Engagement“ bei der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte nominiert. „3×3 Streetball“, ist seit 2020 eine olympische Disziplin, bei der zwei Teams mit jeweils drei Spielern gegeneinander auf einen Korb spielen.

2020, in der Corona-Krise plante er sein aktuelles Projekt. Der „Bats-Bus“ ist ein mobiler Arbeitsplatz, ausgestattet mit Strom, Laptops, Drucker und W-Lan, außerdem stellt der Bus eine Basketball-Korbanlage und Fußball-Tore zur Verfügung. „Mit diesem Projekt verbinden wir Sport, Hausaufgaben-, Bewerbungs-Hilfe und Berufsberatung für bedürftige-, sowie für Kinder mit Handicap in Hamburg“, betonte der Profi-Basketballer.

Kinder zusammenbringen

Das Projekt organisiert außerdem für Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren einen Ligabetrieb, bei dem die Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften mit und gegen Teams aus dem Stadtteil spielen.  „Sport spricht alle Sprachen, führt Menschen zusammen und hat eine soziale Bindungskraft. Ich finde daher, dass Sport die beste Art der Integration ist“, erläutert Samer und ergänzt: „Wir waren der erste Verein in Deutschland, der diese Korbanlage für 12.000 € gekauft hat. Finanziert über Spenden. Damit wollten wir Kinder motivieren sich Vereine anzuschließen um den Zusammenhalt zu stärken. Wer sich die Mitgliedsbeiträge nicht leisten kann, dem werden die Kosten vom Club gezahlt.“

Die Idee des Projekts war, die Korbanlage in der Nähe der Notunterkünfte aufzustellen und somit Kinder unabhängig von ihrem Hintergrund aus dem jeweiligen Stadtteil zusammenzubringen. Vor allem richtet sich das Projekt an Kinder, deren Familie solche Aktivitäten nicht finanzieren können. Für die Turnier werden die Kinder aus ihren Unterkünften abgeholt und zurückgebracht. Laut Samer bekommen sie auch Verpflegung und können Trikots oder Bälle gewinnen.

Allerdings geht es bei den Turnieren nicht um Sieg oder Niederlage, sondern darum, miteinander ohne Vorurteilung zu spielen. „Unsere Turniere sind offen für alle Kinder, denn durch Sport kann man Brücken bauen, Konflikte friedlich lösen, miteinander teilen und sich Chancen geben“, erklärte Samer.

Ohne Spenden geht es nicht!

Das Projekt „Bats Bus“ ist durch Unterstützung vom Bezirksamt Hamburg-Mitte, Caritas Hamburg, Bürgerstiftung Hamburg, die Karin- und Walter Gedächtnisstiftung sowie von weitere private Unterstützer aus Hamburg finanziert worden.

„Unsere wichtigste Aufgabe ist es, Kinder nicht nur Sport und Bildung zu vermitteln, sondern auch Patenschaften zu vermitteln um die Kinder langfristig zu begleiten. Das Projekt ist langfristig angelegt und soll auch nach der Pandemie weiterlaufen“, sagte Samer. Um dieses Projekt weiter zu stärken, kommt es auf jede Spende an. Der Bus ist schon finanziert. Es fehlen Gelder für die Umbau- und laufenden Kosten. Wenn ihr möchtet, unterstützt Samer und den „Bats Bus“ mit einer Spende unter folgendem Link

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Kategorie & Format
Autorengruppe
Ahmad Shihabi
Ahmad Shihabi ist Journalist aus Syrien. Seit 2015 ist Ahmad in Deutschland, arbeitet als freier Journalist für Kohero und berichtet vor allem aus dem Ruhrgebiet. Aktuell arbeitet Ahmad als Reporter bei der Neuen Ruhr/Rhein Zeitung. Auch ist er Mentor beim NRW-Mentoring-Programm der Neuen Deutschen Medienmacher*innen.

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