Seit August 2021 gibt es keine Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan. Wir erinnern uns: die Machtübernahme der Taliban, der chaotische Abzug der ausländischen Militärs, darunter auch die der NATO und Deutschland. Der damalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) begründete den Abschiebestopp 2021 damit, dass sich die Sicherheitslage vor Ort so schnell geändert habe, dass Rückführungen nicht machbar oder zu rechtfertigen sind. Ja, der Horst Seehofer, der im Sommer 2018 noch die Abschiebung von 69 Afghanen zu seinem 69. Geburtstag gefeiert hatte. Die ZEIT hatte danach recherchiert, wo die abgeschobenen Männer waren. Die Autor*innen konnten viele finden, manche Männer waren krank, verschwunden, oder zurück auf der Flucht nach Deutschland.
Jetzt, im März 2023 lese ich die Nachricht: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) prüft Abschiebungen von sogenannten Gefährdern nach Afghanistan. Wartet, hat sich die Lage in Afghanistan geändert? Obwohl meine Kollegin Sahar jeden Monat eine Zusammenfassung der wichtigen Nachrichten aus Afghanistan für kohero schreibt, habe ich nicht mitbekommen, dass die Menschen in Afghanistan jetzt sicher sind. Vielleicht hat unsere Innenministerin andere Nachrichten mit anderen Quellen gelesen?
Was sicher ist, ist dass unsere Innenministerin die Innenpolitiknachrichten aus Deutschland liest, insbesondere die mit Blick auf die Landtagswahlen in Hessen. Denn im Oktober will Nancy Faeser für die SPD die Wahl dort gewinnen. Gleichzeitig hatte Faeser vor ein paar Monaten doch die Abschiebung von Afghanen in ihr Heimatland abgelehnt, mit der Begründung, dass die Sicherheitslage es nicht erlaubt. Auf Twitter hatte Faeser letzten August noch geschrieben, sie arbeite an einem Bundesaufnahmeprogramm für Afghan*innen.
Warum ist die Lage jetzt anders? Das Innenministerium weiß, welche Herausforderungen zu bewältigen sind, um eine Abschiebung überhaupt durchzuführen. Als Erstes muss es eine Form von Anerkennung oder Zusammenarbeit mit der Taliban Regierung geben, weil ohne ihre Erlaubnis keine Abschiebung nach Afghanistan möglich ist. Wie die Innenministerin diese Anerkennung der Taliban bekommen möchte, wissen wir nicht.

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