Von zwei Brüdern aus Eritrea, die nach Deutschland flüchteten

Zwei Brüder kamen aus Eritrea gemeinsam nach Deutschland, ihr Asylverfahren unterschied sich jedoch deutlich. Warum? Angelika, die die beiden begleitet hat, erzählt ihre Geschichte.

Fotograf*in: mulugeta wolde auf Unsplash

Es waren einmal zwei Brüder: Idris und Tesfalem (Namen geändert), kamen als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge* aus Eritrea vor 6 Jahren nach Deutschland. Sie wurden von ihren Eltern nach Deutschland geschickt, weil diese sie vor dem Militärdienst in Eritrea schützen wollten. Nach mehreren Wochen der Flucht erreichten Idris und Tesfalem Verwandte in Bonn. Die Eltern werden zur Zeit vermisst, es laufen Suchaufträge des Deutschen Roten Kreuzes. Wie viele Geflüchtete aus Eritrea hatten sie keine Identitätspapiere dabei. Sie stellten Asylanträge und warteten erst einmal. 

Eine Freundschaft entsteht

Die beiden hatten Glück, denn sie trafen auf Jennifer. Jennifer hatte deutsche Eltern, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach England geflüchtet waren, wo sie auch aufwuchs und lebt. Sie wollte sich nun in Deutschland im Rahmen eines Sabbaticals engagieren und lernte zunächst den jüngeren der beiden Brüder kennen. Dann auch Tesfalem. Es entstand eine wunderbare Freundschaft zwischen den Dreien.

Sie half beim Erlernen der deutschen Sprache, unterstützte den Schulbesuch – bei Idris bis zum Abi, engagierte einen Anwalt, der es schaffte, nach dem ablehnenden Asylbescheid durch eine Klage den subsidiären Schutzstatus für Idris zu bekommen. Er macht mittlerweile eine Ausbildung, lebt in einer eigenen Wohnung, hat einen Reiseausweis für Ausländer, mit dem er reisen kann und wird demnächst die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen. Er ist mit Jennifer schon mehrfach ins europäische Ausland gereist.

Aber was passierte mit seinem älteren Bruder? 

Tesfalems Asylantrag wurde zunächst auch abgelehnt, der Anwalt reichte auch hier eine Klage dagegen ein, auch ihm wurde subsidiärer Schutz gewährt, aber das BAMF legte gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung ein. Der Fall liegt jetzt beim Oberverwaltungsgericht, seit 2 Jahren gibt es keine Entscheidung. Das Problem ist, dass auch Tesfalem seine Identität nicht nachweisen konnte, aber sein Fall wohl bei einem anderen Sachbearbeiter beim BAMF bearbeitet wurde.

Tesfalem lebt noch in einer Unterkunft, er darf nicht arbeiten, keine Ausbildung machen, kann seinen Wohnsitz nicht verändern, darf nicht mit seinem Bruder und Jennifer ins Ausland reisen. Er hat seinen B1-Sprachtest absolviert und spricht perfekt Englisch. Doch warum hat er nicht genauso wie sein Bruder einen Aufenthaltstitel bekommen? Warum dauert es alles so lange? Er will vorankommen, aber tritt auf der Stelle, nur weil er das Pech hatte, dass ein anderer Sachbearbeiter seinen Fall beurteilt hat. 

Doch Glück gehabt?

Nachdem dieser kurze Bericht geschrieben war, meldete sich Tefalem und teilte mit, dass er nun doch den subsidiären Schutz erhalten würde, wenn er es akzeptiere, dass sein Aufenthaltstitel von dem seines jüngeren Bruders als Stammberechtigten abhängig gemacht würde. Dies bedeutet allerdings, dass sein Aufenthaltstitel vom BAMF widerrufen werden könnte und auch muss, wenn der Aufenthaltstitel seines Bruders erlischt, was zum Beispiel durch eine Einbürgerung des Stammberechtigten der Fall wäre. Für Tesfalem war es eine riesige Freude und er ist jetzt motiviert, seine eigene Einbürgerung vor der seines Bruders zu erlangen.

 

*”Flüchtling“ bezeichnet im Asylrecht die Menschen, die den rechtlichen Flüchtlingsstatus innehaben.

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Andere Kulturen und Menschen haben Angelika schon immer interessiert. Sie ist viel gereist und hat im Ausland gelebt. Als Rechtsanwältin ist sie auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert. 2017 hat sie das Flüchtling-Magazin mit gegründet und ist seitdem für die Finanzierung und alle rechtlichen Aspekte zuständig. Bei kohero beantwortet sie die rechtlichen Fragen aus unserer Community. „kohero ist ein großartiges Medium für Geflüchtete und für Deutsche, um sich besser kennen zu lernen und die jeweils andere Kultur zu verstehen.“

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von media-residents.de Foto: Viola Fehn

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