Klimaaktivismus – ein Faktenüberblick

Fridays For Future, Extinction Rebellion, Die Letzte Generation – es scheint, als würden jüngere Menschen in Europa endlich auf die Klimakrise aufmerksam machen. Doch dass BIPoC-Aktivist*innen auf der ganzen Welt seit vielen Jahren Klimagerechtigkeit fordern, bleibt unsichtbar. Wie hängen also Rassismus, Kolonialismus und die Klimakrise zusammen und welche Auswirkungen hat das?

Fotograf*in: Markus Spiske auf Unsplash

Wie hängen die Klimakrise und soziale Ungleichheit zusammen?

Menschen, die bereits gesellschaftlich benachteiligt und ausgegrenzt werden, sind strukturell stärker von der Klimakrise betroffen. Ihnen wird etwa der Zugang zu (Hilfs-) Ressourcen und Mitbestimmung verwehrt. Es ist insbesondere für Menschen, die direkt von den Klimafolgen betroffen sind, nicht möglich, Klimakrise und Umweltzerstörung von sozialer Ungleichheit und global wirksamen Macht- und Unterdrückungsstrukturen zu trennen.

Wie beeinflusst der Kolonialismus die Klimakrise?

Mit dem europäischen Kolonialismus haben sich weiße Menschen gegenüber kolonisierten Menschen und der Natur als “überlegen” inszeniert. Das führte zu einem kolonialen Naturverständnis, mit dem europäische Kolonisator*innen die Beherrschung und Ausbeutung von “Natur” rechtfertigten. Das koloniale Naturverständnis bietet damals wie heute die Grundlage für Raubbau, Extraktivismus und Umweltzerstörung.

Welche Rolle spielten dabei weiße Naturwissenschaftler*innen?

Sie unternahmen “Entdeckungs- und Forschungsreisen” in die “Neue Welt” und “entdeckten” dabei Tier- und Pflanzenarten, die den kolonisierten Menschen vor Ort schon lange bekannt waren und eigneten sich das Wissen um Pflanzen und ihre medizinischen Wirkungen der kolonisierten Menschen an und schlugen daraus Profit.

Welche Gebiete sind für die Klimakrise verantwortlich?

Die EU ist für 27% der seit 1850 ausgestoßenen CO²-Emissionen verantwortlich, die USA haben den größten Anteil an den historischen Emissionen. In Deutschland liegt der CO²-Verbrauch pro Kopf in einem Jahr bei 7,7 Tonnen, in der Demokratischen Republik Kongo dagegen nur bei 0,03.

Aber es stoßen doch auch Länder des Globalen Südens viel CO² aus?

Brasilien stößt mit am meisten CO² aus. Das liegt an der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes und der damit zusammenhängenden Rinderzucht. Das Fleisch wird oft nach Europa exportiert. Grund der Emissionen von Ländern des Globalen Südens ist oft direkt oder indirekt der Globale Norden.

Welche Gebiete sind am stärksten von der Klimakrise betroffen?

Besonders betroffen sind die Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen. Zum Beispiel befinden sich 10 der am stärksten von Dürre betroffenen Länder in Afrika. Gleichzeitig ist das Flutrisiko auf dem gesamten Kontinent wie auch in Südamerika und Südasien besonders hoch. Viele der Folgen der Klimakrise sind irreparabel.

Warum wirkt der Klimaaktivismus so weiß?

Seit Jahrzehnten kämpfen junge BIPoC Aktivist*innen weltweit gegen die Folgen des Klimawandels, von denen nur selten zu hören oder zu lesen ist. Sie werden aus der Berichterstattung ausgeschlossen (wie Tinny Nowshin und Vanessa Nakate). Die Präsenz von Aktivist*innen of Color wird unsichtbar gemacht.

Warum ist der weiße Klimaaktivismus kritisch zu betrachten?

Obwohl weiße Menschen (historisch) die größte Verantwortung für die Klimakrise tragen, sehen sie sich häufig in der Position der Rettenden: Sie wollen das Klima und die Menschen des Globalen Südens vor ihrem “Elend” retten (= white saviorism). Dieses Selbstbild ignoriert die jahrhundertelangen Widerstandskämpfe und Strategien von BIPoC mit der Klimakrise. Weiße Klimaaktivist*innen adressieren selten, dass rassistische Strukturen eine wichtige Rolle in der Klimakrise spielen.

Was bedeutet Klimagerechtigkeit?

Nicht alle Länder sind im gleichen Maß für die Klimakrise verantwortlich und von den Folgen betroffen. Mit der Forderung nach Klimagerechtigkeit fordert man eine Verantwortungsübernahme des Globalen Nordens.

Was wird konkret gefordert?

Ein Team aus BIPoC-Wissenschaftler*innen und Klimaaktivist*innen hat in einem Paper 4 Forderungen formuliert: die Anerkennung der Verbindung von Kolonialismus mit der Klimakrise, eine Forschungserleichterung für BIPoC, die Wahrung von Inklusion und Menschenrechten sowie Klimagovernance-Reformen.

Mehr zu unserem Fokusthema Klimaaktivismus erfährst du in der nächsten Folge vom zu.flucht-Podcast und hier im Online-Magazin. Wenn du keine Infos und Geschichten zu diesem Thema verpassen und einen Überblick unserer Recherchen bekommen möchtest, abonniere auch unseren Fokusthemen-Newsletter!

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Natalia ist in den Bereichen (Mode-)Journalismus und Medienkommunikation ausgebildet und hat einen Bachelor in Management und Kommunikation. Derzeit studiert sie Digitalen Journalismus im Master. Besonders gerne schreibt sie über (und mit!) Menschen, erzählt deren Lebensgeschichten und kommentiert gesellschaftliche Themen. Sie leitet die Redaktion und das Schreibtandem von kohero. „Ich arbeite bei kohero, weil ich es wichtig finde, dass die Geschichten von Geflüchteten erzählt werden – für mehr Toleranz und ein Miteinander auf Augenhöhe.“     (Bild: Tim Hoppe, HMS)

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Natalia ist in den Bereichen (Mode-)Journalismus und Medienkommunikation ausgebildet und hat einen Bachelor in Management und Kommunikation. Derzeit studiert sie Digitalen Journalismus im Master. Besonders gerne schreibt sie über (und mit!) Menschen, erzählt deren Lebensgeschichten und kommentiert gesellschaftliche Themen. Sie leitet die Redaktion und das Schreibtandem von kohero. „Ich arbeite bei kohero, weil ich es wichtig finde, dass die Geschichten von Geflüchteten erzählt werden – für mehr Toleranz und ein Miteinander auf Augenhöhe.“     (Bild: Tim Hoppe, HMS)

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