Ich schaue aus dem Fenster…

Seit März lebt Kseniya mit ihrer Tochter in Hamburg, erst im Flüchtlingsaufnahmezentrum, später in einer Container-Unterkunft für Geflüchtete. In einer wiederkehrenden Kolumne blickt die Ukrainerin lyrisch aus ihrem Fenster, in die Welt und in sich selbst hinein.

Fotograf*in: Kseniya Dykun

„Ich schaue in den Himmel und denke: Warum bin ich nicht ein Falke, warum fliege ich nicht, warum, Gott, hast du mir keine Flügel gegeben? Ich würde die Erde verlassen und in den Himmel fliegen.“ (T.G. Schewtschenko)

Ich schaue aus dem Fenster meines kleinen Zimmers, das sich Container nennt …

Containerstadt im Herzen von Hamburg. Meine Tochter, die erst 8 Jahre alt ist, und ich wurden am Morgen des 2. Juli 2022 aus dem Flüchtlingsaufnahmezentrum am Bargkoppelweg 60 in Hamburg hierher gebracht.

Es handelt sich um gewöhnliche Container, in denen Waren transportiert werden, die zu Wohnzwecken umgebaut wurden. Zwei Fenster, Türen und Innenwände sind mit Futter bedeckt, das sehr schlecht riecht. Container. Der Raum ist mit zwei Etagenbetten ausgestattet; vier schmale Hochschränke aus Metall mit wenig Stauraum; ein Tisch ist für einen so kleinen Raum sehr groß (breit und lang), der Durchgang zwischen Tisch und Bett ist sehr schmal, nur eine Person kann hindurchgehen, und der Container ist für vier Personen und vier Stühle ausgelegt.

Der erste Eindruck war sehr schmerzhaft und schockierend. Ich dachte, dass es nach dem Leben im Flüchtlingsaufnahmezentrum nicht schlimmer kommen könnte. Aber nein, ich hoffte vergeblich. Mein Herz zerbrach vor Schmerz bei einer einzigen Frage: „Wo habe ich mein Kind wieder hingebracht?“ Ich war innerlich zerbrochen, Tränen schossen mir in die Augen, ein Krampf schnürte mir die Kehle zu. Aber ich muss mich zusammenreißen, um meine Tochter nicht noch mehr zu erschrecken, sie hat ohnehin schon Angst vor allem nach….

KRIEG… Ständige Luftangriffe, Raketen, Flugzeuge, Explosionen… Angst umgibt überall…. Lange Straße…… Umzug ins Nirgendwo… Der Umzug ins Ungewisse… Das Einzige, was sie hatte, war der Glaube an ihre Mutter, die sagte: „Hab keine Angst, wir schaffen das schon.“

Und sie, wenn ich völlig „aus dem Häuschen“ bin und die Tränen vor ihr nicht zurückhalten kann, wie sie mich mit ihren kleinen Händen fest umarmt und … und ich …. – „Hab’ keine Angst, alles ist gut, alles ist gut“. Und ich sage mir: „Ich werde es auf jeden Fall schaffen, ich habe es meinem Kind versprochen, und sie weiß, dass Mama immer hält, was sie verspricht.“

Aber selbst da konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass dies erst der Anfang des Schocks war.

Es war eine brandneue, saubere, schöne Containerstadt, die gerade gebaut wurde. Neue Containerräume, neue Containerduschen und -toiletten. Zwar waren sie separat auf der Straße, und nicht in den Zimmern, aber immerhin war es sauber. Langsam, Tag für Tag, begannen die Menschen, sich hier niederzulassen. Menschen aus unserer Heimat Ukraine  mit verschiedenen Nationalitäten. Die große Mehrheit sind Rom*nja. Und gleichzeitig endete das Leben der Containerstadt in Sauberkeit und Frieden.

 

Fortsetzung folgt…..

 

Der Artikel ist im Schreibtandem entstanden. Übersetzung von Yuliia Marushka und Johannes Campos.

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Autorengruppe
In Oman (Ukraine) studierte Kseniya Pädagogik und Grundschullehramt. Inzwischen lebt sie mit ihrer 8-jährigen Tochter in Hamburg und versucht, sich hier ein Leben aufzubauen. „Als ich realisierte, das ich geflüchtet bin (ein ‚Flüchtling‘) möchte ich mein Werdegang von Beginn bis zur Findung mein Selbst aufzeichnen und mitteilen, um Menschen mit ähnlicher Situation beizustehen.“

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