Frauen in Afghanistan: Von Menschenrechten und Träumen

Nach dem Sturz der Regierung in Afghanistan hat sich die Taliban-Herrschaft verheerend auf das Leben der afghanischen Frauen und Mädchen ausgewirkt. Ständig gibt es neue Regeln und Vorschriften, durch die sie systematisch unterdrückt werden. #StandWithWomenInAfghanistan

Women in Afghanistan

Die Taliban-Herrschaft hat die Lage der Frauen in Kabul und den meisten Provinzen verheerend verschlechtert. Die Frauen fühlen sich wie Gefangene. Sie trauen sich nicht, ihre Häuser zu verlassen, haben einen erschwerten Zugang zu Bildung, Arbeit sowie Gesundheitseinrichtungen. Ihre Bewegungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit ist eingeschränkt.

Die Frauen und Mädchen werden ihrer grundlegenden Rechte beraubt und ihre Identität geht in der Gesellschaft verloren. Sie hatten große Träume, vor allem diejenigen, die eine Ausbildung oder ein Studium absolvierten. Es wurden verschiedene Gesetze für Frauen und Mädchen eingeführt und sie werden langsam aus dem öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben der Gesellschaft verdrängt. Das Ministerium für Frauenangelegenheiten der vorherigen Regierung wurde durch ein Ministry of Propagation of Virtue and Prevention of Vice (Ministerium für die Verbreitung von Tugend und Prävention von Lastern) ersetzt. Im Kabinett der Taliban sind keine Frauen vertreten.

Zu Beginn der Taliban-Besatzung war es weiblichen Regierungsangestellten untersagt, ihre Büros zu betreten. Jetzt wurde angekündigt, dass weibliche von männlichen Angestellten der Regierungsbehörden getrennt werden. Bei der Arbeit müssen sie einen vollständigen Hijab tragen. Mädchen über zwölf Jahren wurde der Schulbesuch untersagt und an den Universitäten wurde die Trennung von Männern und Frauen eingeführt. Universitätsstudentinnen werden von einer Professorin und einer weiblichen Lehrkraft unterrichtet, nicht von einem männlichen.

Als arbeitende Frau in Afghanistan

Das Recht auf Arbeit ist eine große Hürde für Frauen im Rahmen der IEA-Regelung. Es gibt Frauen, die allein für den Lebensunterhalt der Familie sorgen. Ihre Ehemänner sind vielleicht verstorben oder krank und pflegebedürftig. Diese Frauen müssen arbeiten, um ihre Familie zu unterstützen. Angesichts der neuen Gesetze haben die Frauen Angst, aus dem Haus zu gehen und zu arbeiten. Frauen wurden aus vielen Bereichen der Arbeitswelt verdrängt, auch aus der Medien- und Unterhaltungsbranche. Journalistinnen müssen mit harten Konsequenzen rechnen, sind bereits arbeitslos oder werden von der IEA bedroht. Sie sind nicht in der Lage, ihre journalistische Arbeit fortzusetzen. Menschenrechtsaktivisten sind untergetaucht.

Auch Frauen, die ein eigenes Unternehmen haben, können ihre Arbeit nicht wie gewohnt fortsetzen. Ihre Werbeplakate, beispielsweise von Schönheitssalons, werden entfernt, da keine Bilder von Frauen mehr in der Werbung erlaubt sind. Ohne männlichen Vormund dürfen Frauen und Mädchen weder arbeiten noch reisen. Die Taliban haben Schutzräume für häusliche Gewalt geschlossen, so dass die Überlebenden ohne jegliche Unterstützung oder Schutz sind. Die Schutzsuchenden, das Personal der Frauenhäuser, Anwälte, Richter, Regierungsbeamte und andere Personen, die mit Schutzmaßnahmen befasst sind, sind nun der Gefahr von Gewalt und Tod ausgesetzt.

Seit die Taliban an die Macht gekommen sind, demonstrieren die Frauen gegen die Verletzung ihrer Menschenrechte. Es gab aber keine positive Reaktion. Stattdessen endeten die Proteste damit, dass Frauen schikaniert oder inhaftiert, mit Schusswaffen bedroht und mit reizenden Chemikalien besprüht wurden. Nach einer Demonstration in Kabul verschwanden kürzlich sechs Demonstrant*innen. Der Sprecher der Taliban sagte, dass sie das Recht hätten. jede Person zu verhaften, die gegen das Gesetz verstoße.

Das Leben in Kabul

Ich, Sahar, habe mit vielen meiner Freundinnen gesprochen, die mir sagten, dass sie in diesem Land nicht sicher sind. Am 19. Januar telefonierte ich mit einer Freundin, die ich seit acht Jahren kenne. Ich fragte sie, ob sie noch in Kabul lebt und wie es ihr geht, seitdem die Taliban an der Macht sind. Sie antwortete: „Ja, ich lebe immer noch in Kabul, weil meine Familie und ich keine Möglichkeit haben, das Land zu verlassen. Und die Vorschriften für Frauen werden jeden Tag strenger.“

Sie arbeitet für eine internationale NGO und erzählte, dass ihr Fahrer vor einigen Tagen an einem der Kontrollpunkte in Kabul angehalten wurde. Die Taliban fragten, warum er die Frauen, die nicht seine Mahram sind, im Auto mitnehme. Daraufhin erklärte er, dass es seine Kolleginnen sind. Meine Freundin hat Angst, dass sie die Kontrolle am Checkpoint eines Tages nicht überleben wird. Denn an jedem Kontrollpunkt, an dem Menschen angehalten werden, wisse man nicht, ob sie am Leben bleiben oder von den Taliban geschlagen oder festgehalten werde.

Die heutigen Vorschriften und Gesetze, die den Frauen in Afghanistan auferlegt wurden, erinnern an die Zeit im Jahr 1996. Damals wurden Frauen unter der Taliban-Herrschaft aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie wurden aller Menschenrechte, ihrer Arbeitsplätze, ihrer Sichtbarkeit, ihrer Bildungsmöglichkeiten, ihrer Stimme, ihrer Gesundheitsversorgung und ihrer Mobilität beraubt.

Was auch immer die vorherige Regierung in Afghanistan für Probleme hatte, zumindest konnten die Menschen frei ausgehen, arbeiten oder ihre grundlegenden Menschenrechte wahrnehmen. Wir alle müssen uns also für die Menschenrechte in der ganzen Welt einsetzen! Und insbesondere für die Rechte der Frauen in vielen diktatorischen Ländern, einschließlich Afghanistan, das von einem terroristischen Regime beherrscht wird!

Dieser Artikel wurde auch auf Englisch veröffentlicht.

Women in Afghanistan: About Human Rights and Dreams

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Autorengruppe
Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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