Erfolgsgeschichte: Hakim & Djamila

Der Syrer Hakim steht Hand in Hand neben seiner Frau Djamila vor dem Möbelladen, den sie gerade in Hamburg eröffnet haben. DAMASKUS-MÖBEL steht in großen, goldenen Buchstaben am Eingang. Könnte dies ihre neue Erfolgsgeschichte werden? Die Werkstatthalle, in einem Hinterhof eines ehemaligen Gewerbegebiets, versprach nicht viel, als sie das Objekt zum ersten Mal besichtigt hatten. Es gab sehr viel zu renovieren, aber letztendlich entsprach der erhoffte Preis dem, was sie bezahlen konnten.

Die Erfolgsgeschichte in der Heimat

Die Erfolgsgeschichte begann von Anfang an: Der Vermieter war ein fairer Mann, er glaubte an ihre Idee und verlangte keinen Einkommensbescheid des Ehepaars. Den hätten Hakim und Djamila sowieso nicht vorlegen können, denn ihr Vermögen lag noch ganz weit weg – in Damaskus. Das war ihre ehemalige Heimatstadt, wo Hakim das Familiengeschäft, eine kleine und feine Möbelfabrik geerbt hatte. Dort lagerten noch hunderte verschieden Möbelstücke aus feinstem Mahagoniholz. Sie waren alle handgefertigt.

Viel früher, als Hakim noch ein junger Mann war und Frieden herrschte, kauften viele Europäer, Geschäftsleute und Diplomaten, die erstklassigen Möbel seines Vaters. Die Familie hatte einen modernen, fast futuristischen Stil für die Produktion entwickelt. Und das gefiel der Kundschaft, die sich irgendetwas Neues wünschte, etwas das nicht exakt der orientalischen Gestaltung entsprach. Aber der Krieg in Syrien brachte dem Erfolg der Familie sein jähes Ende ein. Die Kundschaft blieb aus oder musste selbst das Land verlassen.

Mitten aus den Leben gerissen

Hakim und Djamila hatten keine Zeit, auch nur einen kleinen Transport von einigen Möbeln zu organisieren. Zusammen mit den beiden Töchtern fuhren sie weg aus dem Heimatland, und hinterließen die geschlossene Fabrik und das Lager. Sie konnten noch von Glück reden, denn sie gehörten zu einem Kontingent Geflüchteten, das im Rahmen der internationalen humanitären Hilfsaktion kein Asylverfahren in Deutschland durchlaufen musste. Sie bekamen ihre ordentlichen Papiere und Arbeitserlaubnisse unmittelbar nach der Ankunft in der Hansestadt Hamburg. Das war sicher eine große Erleichterung, welchen Beruf aber sollten sie in der Hansestadt ausüben?

Sie nahmen zuerst kleine Jobs an, während beide über die Möglichkeit nachdachten, die wertvollen Möbeln aus dem Lager in Damaskus nach Hamburg zu bringen. Ein Spediteur, und Freund des Vermieters, bot an, die Ware auf den Weg nach Hamburg zu bringen. Es war ein langer, beschwerlicher Transport und die bürokratischen Hürden verzögerten die Lieferung über die Landstrecke immer wieder. Aber irgendwann bekamen sie letztlich die Meldung, dass der Container, der ihren Traum eines neuen Starts in sich trug, angekommen war. Der Spediteur nahm nie wieder einen solchen Auftrag an, war aber glücklich, Hakim und Djamila zu einer neuen Zukunft verholfen zu haben.

Und jetzt stehen die beide vor dem Eingang ihres neuen Geschäfts und hoffen, bald eine neue Zukunft aufbauen zu können – ein neues erfolgreiches Leben. Ihre zweite Erfolgsgeschichte.

Es gibt so viele Hakims und Djamilas …

Sie stehen in der Gesellschaft von 376.000 Geflüchteten, die einen Integrationskurs besuchen, um eine Tür ins neue Leben öffnen zu können. Das sind die jüngsten Zahlen des BAMF, veröffentlich am 25.04.2018.¹ Es sind mehrere Tausende Hakims und Djamilas auf der Suche nach einer neuen Perspektive in ihrer neuen Heimat. Das alte Leben, vielleicht auch ein erfolgreiches, haben die meisten aufgeben müssen. Kriege, Verfolgung und wirtschaftliche Not haben diese Menschen dazu gezwungen.

Die nackten Zahlen besagen nur, dass ca. 34,6% dieser Menschen aus Syrien kommen. Die Iraker bilden die zweitstärkste Gruppe mit 9,4%. An dritter Stelle kommen die Geflüchteten aus Afghanistan, 6,9%. Die Männer sind mit 63% in Mehrheit bei den Kursen.² Und auch wenn die Frauen in der Minderheit sind, mag es vielfältige Gründe dafür geben. All diese Menschen versuchen mit allen Mitteln, nach etwas Glück und Erfolg zu streben. Und jeder Staat hat die Pflicht, die Menschen auf diesem Weg zu helfen. Wir brauchen mehr Erfolgsgeschichten!

Das waren in etwa die Worte des großen Demokraten Thomas Jefferson.

Anmerkung:

Die Geschichte von Hakim und Djamila ist frei erfunden und basiert auf einer Reportage der Süddeutschen Zeitung Online von der Autorin Pia Ratzesberger.³

Quellen:

¹/² BAMF. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Aktuelle Zahlen zu Asyl. Stand 25.04.2018:  Aufgerufen am 28.05.2018.

³ Hiba Albassir. Tische aus Damaskus. Veröffentlicht am 08. Januar 2018: Abgerufen am 28.05.2018.

 

Schlagwörter:

Zum Abo: 

Mit deinem Abo können wir nicht nur neue Printausgaben produzieren, sondern auch unsere Podcasts und das Online-Magazin weiter kostenlos anbieten.

Wir machen Journalismus, der zugänglich für alle sein soll. Mit dem Rabattcode koherobedeutetZusammenhalt kannst du einzelne Ausgaben günstiger bestellen. 

Wer sind die Flüchtlinge?

„Wir waren wie ein Salat in einer Schüssel“, erinnert sich Shadi Al Salamat an die erste Zeit in einer Gemeinschaftsunterkunft. Das Zusammenleben mit ganz unterschiedlichen Menschen – das sind Erfahrungen, die uns helfen können, einander besser zu verstehen. 

Weiterlesen …
Eine Schulklasse

Artikel 7 – Erste Stunde: „Reli“

Religion ist das einzige Schulfach, das in unserem Grundgesetz erwähnt wird und zwar in Artikel 7, der das Schulwesen regelt. Steffen und Aziz haben sich über die Bedeutung von Religion in der Schule unterhalten.

Weiterlesen …
Heimat muss kein Ort sein. Foto: Shaalan Alali

Heimat und Heimatliebe

Der Begriff „Heimat“ ist spätestens seit Seehofers Heimatministerium wieder in der Diskussion. Die meisten denken bei der Heimat an den Ort, an dem sie geboren wurden. Nicht Shaalan Alali. Für ihn ist Heimatliebe etwas anderes.

Weiterlesen …
Kategorie & Format
Autorengruppe
Leonardo De Araujo
Leonardo De Araújo, geboren in Rio de Janeiro, Brasilien lebt seit etwas mehr als 30 Jahren in Deutschland, vorwiegend in Hamburg. Nach einigen Berufsjahren in Werbeagenturen hat er 35 Jahre in der Fernsehproduktion gearbeitet. Nebenbei hat er sich auch als Drehbuchautor und Fotograf beschäftigt – und für das Flüchtling-Magazin, heute kohero, geschrieben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kohero Magazin