Mathias Döpfner: Meinungen. Macht. Medien

Nicht erst seit dem ZEIT-Beitrag vom 13. April wird deutlich, wo Springer politisch steht. Die veröffentlichten Nachrichten von Verlagschef Mathias Döpfner bestätigen nur, was bereits vorher in diversen Publikationen des Medienhauses durchscheint. Natalia Grote über persönliche Meinungen und mächtige Reichweiten.

Fotograf*in: Alsterfolio on unsplash

“free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs” – niemand scheint so wirklich überrascht, als die Nachrichten von Mathias Döpfner an die Öffentlichkeit kommen. Schon seit Jahren hetzen Springer-Medien gegen geflüchtete und migrierte Menschen, sie fordern eine “härtere Linie” in der Asylpolitik. Doch ein Wort, das in den Kommentarspalten unter dem Instagram-Posting der ZEIT immer wieder zu finden ist: beängstigend. Beängstigend, dass ein Mensch mit solcher Verantwortung so denkt. Beängstigend, dass er eine solche Reichweite hat.

Nachdem sogar innerhalb des eigenen Verlags eine Entschuldigung für die Aussagen gefordert wird, kommt Döpfner dieser nach. In der Bild schreibt er: “’Eigentlich ist eine Entschuldigung fällig, Chef!’ Das hat Marion Horn am Samstag in “Bild” geschrieben. Stimmt.” Doch er greift nur die Aussage auf, die auch so oft in anderen deutschen Medien zitiert wird: „Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.”

Die Allianz gegen Islam- und Muslim­feind­lichkeit (CLAIM) hat nun eine Petition gestartet, in der sie auch eine Entschuldigung für die anti-muslimischen Äußerungen einfordern.

Aber sie zeigt eben auch, bei welchen Aussagen der öffentliche Aufschrei lauter ist. Die CLAIM-Allianz argumentiert meiner Meinung nach ganz folgerichtig, dass anti-muslimischer Rassismus ein viel größerer Skandal in Deutschland sein muss.

Aber reichen diese Entschuldigungen? Reichen Entschuldigungen aus, zu denen man aufgefordert werden muss? Reichen Entschuldigungen aus, die man nur macht, weil dieses eine Mal “leider” doch durchgekommen ist, was man wirklich denkt? Sie reichen nicht aus. Klar, Journalismus ist nicht objektiv. Persönliche Meinungen und Erfahrungen scheinen durch, allein in der Themenauswahl, beim implicit bias oder bei der Auswahl von Gesprächspartner*innen.

Die vierte Gewalt

Doch Journalist*innen sollten aufrichtig versuchen, facettenreich und vielschichtig zu berichten. Und in keinem Fall dürfen diskriminierende Ansichten einer Einzelperson die Meinungsmache im ganzen Land beeinflussen. Dass Döpfner direkt mit der Haltung seiner Medien in Verbindung steht und diese beeinflusst, wird durch die Leaks seiner Nachrichten bestätigt. Und damit gehört er nicht an die Spitze eines Verlagshauses.

Die konkrete Unterstützung bestimmter Parteien – auch das zeigen die veröffentlichten Nachrichten von Döpfner – und die menschenfeindliche Haltung der Springer-Verlagsspitze und ihrer Medien sind demokratiegefährdend. Als vierte Gewalt einer Demokratie haben Medien Macht. Man kann also von Machtmissbrauch sprechen, wenn Mathias Döpfner politische und gesellschaftliche Diskussionen durch seine Medien beeinflusst. Eine Entschuldigung reicht nicht. Ein Rücktritt von seiner Position als Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE eher.

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Natalia ist in den Bereichen (Mode-)Journalismus und Medienkommunikation ausgebildet und hat einen Bachelor in Management und Kommunikation. Derzeit studiert sie Digitalen Journalismus im Master. Besonders gerne schreibt sie über (und mit!) Menschen, erzählt deren Lebensgeschichten und kommentiert gesellschaftliche Themen. Sie leitet die Redaktion und das Schreibtandem von kohero. „Ich arbeite bei kohero, weil ich es wichtig finde, dass die Geschichten von Geflüchteten erzählt werden – für mehr Toleranz und ein Miteinander auf Augenhöhe.“     (Bild: Tim Hoppe, HMS)

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Das Zuckerfest – gestern, heute und morgen

Alte Lieder wecken Erinnerungen Gestern Abend habe ich alte Lieder auf Youtube gehört und mich erinnert, wie wir vor zehn Jahren das Zuckerfest gefeiert haben. Dabei habe ich mich an einen sehr schönen Moment erinnert, den ich mit euch teilen möchte. Zwei Tage vor dem Ende des Ramadan müssen wir zum Markt gehen und neue Kleidung kaufen, besonders für unsere Kinder. Und unsere Mütter, Frauen, Töchter und Geschwister bereiten die vielen Süßigkeiten für das Zuckerfest vor, wie Ma’amul und Gharbia. Oft kaufen wir aber auch viele vom Markt. Diese Leckereien sind nicht nur für unser Fest, sondern auch für die ganzen nächsten Wochen, in denen wir Süßes morgens und abends, vor dem Schlafen und nach dem aufstehen essen können! Am letzten Tag vom Ramadan, der waqfat aleid auf Arabisch heißt, gehen wir zum Friseur und lassen uns die Haare schneiden. An diesem Tag muss jeder Friseur ab 08:00 morgens bis 08:00 Uhr am nächsten Morgen arbeiten, weil fast alle Männer an diesem Tag zu ihm gehen wollen.  In vielen Läden sind die Friseure für die Männer ganz andere als die Friseure für Frauen – auch deswegen möchten manche geflüchtete Friseure in europäischen Ländern nicht  Frauen frisieren. Der Friseur arbeitet die ganze Nacht Unser Verwandter und Nachbar war Friseur und wir haben ihm versprochen, dass wir mit ihm die ganze Nacht verbringen, damit er nicht alleine arbeiten muss.  So konnten wir miteinander „schnacken“ und die Zeit ging etwas schneller vorbei. Wir blieben bei ihm bis 3 Uhr morgens und danach gingen wir zum Hamam, wo wir ungefähr eine Stunde verbrachten und uns sehr sauber wegen dieser starken Dusche fühlten. Morgens um 4 gingen wir nach Medan , ein Stadtteil von Damaskus wo es sehr viele traditionelle Restaurants gab und wir genossen Fol, Fatteh und Falafel. Um 6 Uhr gingen wir in Richtung

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Der Kampf um das Wahlrecht

Wahlprogramme, Werbekampagnen, Plagiate auf einer Seite und Gelächter über die Trümmer der Flutkatastrophe auf der anderen Seite sorgen für viele Diskussionen unter den Menschen und lassen sie eine wichtige Frage stellen, wen sie bei den nächsten Wahlen wählen werden. Bei den Wahlen nur als Zuschauer! 2017 lud mich eine Freundin ein, das Wahlerlebnis im Hagener Rathaus zu erleben. Dort sah ich zu, wie die Parteivertreter*innen und Bürger*innen der Stadt die Wahlergebnisse abwarten. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse schwankten die Reaktionen zwischen glücklich und enttäuscht, trotzdem wünschten alle den anderen viel Glück. Dies war das erste Mal, dass ich einen solchen Prozess hautnah miterlebte. Obwohl ich damals bei diesen Wahlen nicht wählen konnte, habe ich zumindest einen Tag lang den Fortschritt des Politisch-Demokratischen miterlebt. Für mich wird der kommende 26. September noch ein normaler Tag sein, an dem ich mit meiner Familie bzw. meinen Freund*innen was unpolitisch unternehmen werde. Der Grund ist, wir dürfen nicht über die neue Zukunft des Landes mitentscheiden, obwohl wir hier seit mehr als sechs Jahren leben. Das ist mir nicht neu, ich persönlich hatte aufgrund meiner politischen Situation nie das Wahlrecht für eine bestimmte Partei, weder in meinem früheren Wohnsitzland Syrien noch in meinem Heimatland Palästina. In Syrien gelten wir (Palästinenser*innen) und ihre Nachkommen als Flüchtlinge. Da wir die syrische Staatsbürgerschaft nicht erhalten dürfen, haben wir kein Recht, Abgeordnete oder gar den Staatspräsidenten zu wählen. Außerdem darf ich als Flüchtling bei den Parlamentswahlen sowie den Kommunalwahlen in Palästina nicht wählen, wenn sie stattfinden. Denn laut des palästinensischen Wahlgesetzes haben nur Palästinenser*innen, die im Westjordanland, Jerusalem und Gaza geboren wurden, das Wahlrecht. Und damit gelte ich als ein in Syrien geborener Flüchtling weder als Syrer noch als Palästinenser und deswegen darf ich nicht an den Wahlen teilnehmen. Aber warum? Artikel 21 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt,

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Als Syrer im Sudan – erneut auf der Flucht

•Ahmad ist ein Bekannter von mir, der seit 2019 im Sudan lebt. Er hat seinen Master in Wissenschaften in Syrien abgeschlossen, bevor er das Land verlassen hat, um nicht in die Armee eingezogen zu werden. Als Syrer waren seine Optionen begrenzt und der Sudan war seine einzige Wahl, da er dort einen Verwandten hat, der ihm einen Job in einem syrischen Restaurant als Kassierer oder Verkäufer besorgt hat. Ahmad heißt eigentlich anders, aber da er wie viele Syrer immer noch Konsequenzen der Assad-Regierung fürchten muss, nutze ich nicht seinen echten Namen.  Trotzdem ist Ahmads Geschichte ähnlich wie die vieler anderer syrischer Geflüchtete, die ihr Land verlassen und in den Sudan gezogen sind.  Leider hat sich die Situation im Land Mitte April mit Zusammenstößen zwischen der sudanesische Armee (“Sudan Armed Forces”) unter der Leitung von General Abdul Fattah al-Burhan und der Miliz RSF (“Rapid Support Forces”) unter Oberbefehlshaber Mohamed Hamdan Daglo verschlechtert. Für alle Menschen im Sudan, auch für die Geflüchteten aus anderen Ländern wie Syrien, ist die Lage dramatisch. Nach Angaben der Vereinten Nationen für 2021 leben mehr als 90.000 syrische Geflüchtete in der Hauptstadt Khartum und anderen Teilen des Sudan.  Laut meinem Bekannten Ahmad ist die Lage für Syrer*innen im Sudan „tragisch“, da „es keine Sicherheit für irgendjemanden im Land gibt, einschließlich der Syrer in Khartum, die zu einer Geisterstadt geworden ist.“ Er meint, dass „11 Syrer getötet wurden und es keine Statistiken über Verletzte gibt.“ Syrer*innen und andere Ausländer flüchten gemeinsam Ahmad schrieb mir auf Facebook, dass die aktuellen Kämpfe und Gewalt unerwartet kamen und dass viele Syrer*innen mit anderen Ausländer*innen nach Port Sudan im Osten des Landes geflüchtet sind, weil es der einzige noch funktionierende Hafen ist, der mit dem Zug erreichbar war. Es sind auch viele Jemenit*innen mit ihm in Port Sudan.  Wie viele andere Syrer*innen

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Die AfD hat gewonnen. Ein Kommentar.

Welchen Einfluss die AfD auf Deutschland nimmt, entscheidet sich nicht allein durch das Abschneiden bei Wahlen. An vielen Stellen wird zugelassen und sogar unterstützt, dass die AfD die Themen und Stimmungen im Land maßgeblich beeinflusst. Und die gute Nachricht: Alle können mit dafür sorgen, dass die AfD nicht länger gewinnt.

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Natalia ist in den Bereichen (Mode-)Journalismus und Medienkommunikation ausgebildet und hat einen Bachelor in Management und Kommunikation. Derzeit studiert sie Digitalen Journalismus im Master. Besonders gerne schreibt sie über (und mit!) Menschen, erzählt deren Lebensgeschichten und kommentiert gesellschaftliche Themen. Sie leitet die Redaktion und das Schreibtandem von kohero. „Ich arbeite bei kohero, weil ich es wichtig finde, dass die Geschichten von Geflüchteten erzählt werden – für mehr Toleranz und ein Miteinander auf Augenhöhe.“     (Bild: Tim Hoppe, HMS)

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