Ich habe meinen Ehemann 2019 in Holland kennengelernt. Mein Mann ist ein ehemaliger Flüchtling aus Nigeria, der 2014 wegen Biafra und Verfolgung von Boko Haram aus Nigeria geflüchtet ist. Er kam auf die klassisch Art und Weise, im Schlauchboot über das Mittelmeer. Die italienische Seenotrettung hat ihn dann aus dem Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettet. Er lebte daraufhin 4 Jahre in einer Flüchtlingsunterbringung in Verona und stellte dort auch einen Asylantrag. Nachdem sich in seinem Asylverfahren 4 Jahre lang nichts getan hat, ist er dann auf eigene Faust weitergereist, nach Holland.
Gemeinsames Leben in Holland
In Holland haben wir uns dann kennen und lieben gelernt. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt ein kleines Haus in Lemmer am IJsselmeer, dort haben wir dann auch zusammengewohnt. Ich wurde schwanger und er versprach mir, mich mit dem Kind nicht im Stich zu lassen, für uns zu sorgen und da zu sein. Deshalb haben wir dann geheiratet.
Die Ehe haben wir in Nigeria von dem Hohen Gericht in das nigerianische Heiratsregister eintragen und bestätigen lassen. Darüber haben wir auch eine Heiratsurkunde, ausgestellt vom Justice of Peace, Anambra State Nigeria. Wir sind also rechtsgültig verheiratet. Bei der Eheschließung haben wir uns sowohl an das geltende nigerianische Recht als auch an das deutsche Recht gehalten.
Rückkehr nach Deutschland
Ich musste dann im Oktober wegen meiner Arbeit zurück nach Deutschland. Mein Mann wollte mir folgen, sobald er seine Sachen in Holland erledigt hatte. Da ich als Unionsbürgerin ein Recht auf Ehegattennachzug habe, sollte es für meinen Mann kein Problem sein, mir nach Deutschland zu folgen.
Am 09.12.2019 reiste mein Mann dann vom Hauptbahnhof Amsterdam aus in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wurde im Zug von den Zollbehörden kontrolliert. Nachdem er unsere Eheurkunde, seinen Pass und eine Fotokopie meines Ausweises vorgezeigt hatte, ließ man ihn ohne Weiteres einreisen.
Er kam dann am Hauptbahnhof an. Bei einem Toilettengang am Bahnhof wurde ihm dann sein Rucksack gestohlen. In dem Rucksack waren ein paar wenige Kleidungsstücke, seine Papiere, sein Geld ― einfach Alles, was er besaß. Mein Mann wandte sich dann an die Bahnhofspolizei, um den Diebstahl zu melden und um Hilfe zu bekommen, da er ja nun ohne Geld und ohne Papiere da stand. Nun nahm das Drama seinen Lauf.
Da er keinen Ausweis mehr hatte, konnte er sich der Polizei gegenüber auch nicht ausweisen. Anstatt ihm die Gelegenheit zu geben, mich anzurufen, damit ich alles aufklären kann oder meinen Mann zu mir zu bringen, steckte die Polizei ihn in eine Flüchtlingsunterkunft. Da er ja schwarz war und keine Papiere hatte, unterstellte man ihm, ein Asylsuchender zu sein. Mein Mann konnte bis dato noch kein Deutsch und konnte sich daher auch nicht ausdrücken, um klarzumachen, warum er in Deutschland ist. Ich befand mich als Hundeführerin mit meinem Spürhund nachweislich auf einem Einsatz in Hannover und kam erst am 23.12.2019 zurück.
Ein gezwungener Asylantrag
Mein Mann hat die ganze Zeit angegeben, dass er mit einer deutschen Unionsbürgerin verheiratet sei und dass er doch nur zu seiner Frau möchte. Trotzdem zwang man ihn einen Asylantrag zu stellen. Als er sich weigerte, drohte man ihm, ihn verhaften zu lassen. Da er Angst vor dem Gefängnis hatte, unterschrieb er dann den Asylantrag.
Das allein war schon ungeheuerlich. Anstatt sich die Mühe zu machen, seinem Fall nachzugehen und zu prüfen, wurde mein Mann so eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, dass er etwas unterschrieb, was er gar nicht wollte und auch überhaupt nicht verstand.
Am 23.12.2019 war ich dann zurück zu Hause und holte noch am selben Tag meinen Mann aus der Flüchtlingsunterkunft ab. Durch den ganzen Stress und die Aufregung erlitt ich dann eine Fehlgeburt und verlor mein Baby.
Das Asylinterview
Am 03.01.2020 hatte mein Mann dann einen Termin für sein Asylinterview. Ich fuhr mit ihm dorthin und wir nahmen eine Freundin von mir als Übersetzerin mit, die sowohl die Muttersprache als auch fließend Englisch spricht. Ich hatte mich etwas über Asylanträge in Deutschland schlau gemacht und wusste, dass mein Mann zu seinem Asylinterview eine Vertrauensperson und einen eigenen Übersetzer mitbringen durfte. Außerdem wollte ich den Fall meines Mannes aufklären.
Man ließ dann jedoch weder mich noch die Übersetzerin zu dem Interview und stellte meinem Mann einen anderen Unterkunftsbewohner als Übersetzer zur Verfügung. Der Mann konnte etwas Englisch und etwas Deutsch und übersetzte nun das Asylinterview, obwohl wir extra mit einer Muttersprachlerin angereist waren.
Auch hier gab mein Mann an, dass er mit einer Deutschen verheiratet sei und diesen Asylantrag gar nicht braucht. Und, dass seine Frau draußen stehen würde und gerne die ganze Sache aufklären möchte. Man hörte hier meinem Mann überhaupt nicht zu, der Übersetzer übersetzte das Asylinterview in der Rückübersetzung teilweise total falsch. Der Herr vom BAMF kopierte anschließend meinen Personalausweis, da mein Mann ja angegeben hatte, dass er unter meiner Adresse wohnt und nicht in der Unterkunft. Eine persönliche Vorsprache bei dem BAMF-Beamten erlaubte man mir nicht.
Um mich an das Asylgesetz zu halten, schrieb ich dann einen Antrag auf Verlassenserlaubnis für meinen Mann. In diesem Antrag habe ich angegeben, dass mein Mann bei mir wohnt und unter anderem eine Kopie meines Personalausweises und unserer Heiratsurkunde beigelegt. Alles mit der Bitte um eine rechtsmittelfähige Antwort. Die Annahme des Antrages wurde von der BAMF-Mitarbeiterin mit einer rassistischen Bemerkung unfreundlich verweigert.
Anschließend habe ich mich bei einer Servicestelle des BAMF telefonisch beschwert. Die Frau am Telefon gab mir Recht, dass das so nicht gehen würde. Und ich möchte doch bitte den Antrag per Mail an service@bamf.de schicken, sie würde das dann an die entsprechende Stelle weiterleiten. Die E-Mail habe ich sofort geschickt, eine Lesebestätigung auch erhalten, eine Antwort aber bis heute nicht.
Unterbringung in der ZUE
Ende Januar wurde mein Mann dann in eine andere Einrichtung verlegt. Alle anderen Bewohner brachte man in einem dafür bestellten Reisebus zur Unterkunft. Meinem Mann drückte man ein Zugticket und eine Wegbeschreibung in die Hand, er solle sich bis 13 Uhr dort eingefunden haben. Auf meine Nachfrage, warum denn nur mein Mann mit dem Zug fahren muss und alle anderen im Reisebus fahren dürften, bekam ich nur eine äußerst rassistische Bemerkung zu hören.
Ich fuhr dann meinen Mann persönlich in die ZUE. Dort angekommen, wurde nur er in die ZUE gelassen, ich musste draußen vor der Tür warten. Mein Mann ließ sich registrieren, hat dabei angegeben, dass er verheiratet ist und seine Frau draußen vor der Tür stehen würde und ihn wieder mit nach Hause nimmt. Daraufhin kopierte der Mann, der ihn aufgenommen hat, meinen Personalausweis und sagte meinem Mann, dass wir doch den Antrag auf Verlassenserlaubnis per Einschreiben an die Unterkunftsleitung schicken sollten. Dies taten wir auch, mit Rückschein.
Das persönliche Vorsprechen
Ich habe daraufhin persönlich bei der Leitung der Unterkunft vorgesprochen. Dabei wurde lediglich mit mir gesprochen, mein Mann wurde wie Luft behandelt und ihm wurde noch nicht einmal einen guten Tag gewünscht. Ich wurde gefragt, warum ich denn ausgerechnet so einen heiraten musste. Auf meine Frage, was den bitte „so einer“ sei, bekam ich zur Antwort: „Da son Bimbo. Die sind doch sowieso alle kriminell.“ Außerdem würde man mir eine Hundertschaft nach Hause schicken, wenn ich den nicht in der ZUE lassen würde. Im Gespräch mit anderen Mitarbeitern fielen auch extrem rassistische und beleidigende Begriffe.
Aus Angst, dass sie die Drohung wahr machen, habe ich meinen Mann dann schweren Herzens in der ZUE gelassen. Ich wollte am nächsten Tag direkt in der für uns zuständigen ZAB vorsprechen und die Sache ein für alle Mal zu klären.
Natürlich telefonierte ich abends mit meinem Mann und er erzählte mir, dass er weder etwas zu essen bekommen hatte noch etwas zu trinken und dass man hier auch kein Bett für ihn hatte. Man hätte ihm jetzt ein Notbett zur Verfügung gestellt. Außerdem hätte er Kopfschmerzen und er würde frieren. Ich sagte zu ihm: „Halte durch, ich bin morgen früh sofort da.“
Ein erneuter Antrag auf Verlassenserlaubnis
Am nächsten Morgen fuhr ist erstmal in die ZAB, die für uns zuständig war, und gab dort wieder einen Antrag auf Verlassenserlaubnis ab. Dort quittierte man mir den Erhalt der Papiere. Ich teilte der Unterkunft mit, dass ich meinen Mann für einen Deutschkurs auf meine Kosten angemeldet habe, der in den nächsten Tagen startet und dass ich ihn daher wieder mit zurück nach Hause nehme. Außerdem könne er meinem Antrag entnehmen, dass wir verheiratet sind und mein Mann nach dem Freizügigkeitsrecht über mich bei mir wohnen darf. Schließlich teilte ich ihm mit, dass wir den Asylantrag, den er unter Zwang gestellt hat, zurücknehmen würden.
Als Antwort bekam ich zuhören, dass wenn ich ihn mitnehme, er ihn zur Fahndung ausschreiben lässt. Und außerdem brauche er keinen Deutschkurs, er würde sowieso nach Italien abgeschoben werden. Anschließend fragte man mich, ob der (ich glaube sie meinten meinen Mann) überhaupt lesen könne.
Ich antwortete: „Selbstverständlich kann mein Mann lesen, er kann auch schreiben und rechnen, er ist schließlich Ingenieur und ist in Afrika in eine richtige Schule gegangen, er ist nicht vom Baum gefallen.“
Abholung aus der Unterkunft
Um 10 Uhr war ich dann in der Unterkunft. Mein Mann hatte bis dahin nichts zu essen oder zu trinken bekommen, seine Augen waren krebsrot und er glühte am ganzen Körper. Außerdem juckt es ihn am ganzen Körper. Am Bein hatte er sich eine Stelle schon offen gekratzt und blutete. Es war schrecklich meinen Mann so zu sehen. Ich packte ihn sofort ein und nahm in wieder mit nach Hause.
Dort stellten wir fest, dass er 40 Grad Fieber hatte und am ganz Körper von Bettwanzenstichen zerstochen war. Am Bein hatte er sich eine Stelle bis aufs Blut aufgekratzt. Ich bin gelernte medizinische Fachangestellte und versorgte meinen Mann erstmal, gab ihm Flüssigkeit, die er bei dem hohen Fieber dringend brauchte, sowie etwas zu essen.
Zwischenzeitlich bekamen wir dann Post vom BAMF und uns wurde mitgeteilt, dass mein Mann nun eine Dublinüberstellungsfrist von 18 Monaten hätte, weil die zuständige ZAB ihn als „Untergetaucht“ gemeldet hat. Man hätte nicht gewusst, wo mein Mann ist. Jeder Widerspruch, dass wir Nachweise dafür hätten, dass alle, sogar das zuständige BAMF, über unsere Situation und auch den Aufenthaltsort meines Mannes informiert waren, wurde ignoriert. Außerdem erfuhr ich über meine guten Kontakte zur Polizei, dass man meinen Mann zur Fahndung ausgeschrieben hat und diese Fahndung nach 2 Stunden auf „Erledigt“ gesetzt wurde.
Ersetzung der Papiere
Ich hatte mittlerweile sämtliche Papiere die meinem Mann am 09.12.2019 am Bahnhof gestohlen worden waren, neu aus Nigeria angefordert und auch erhalten und diese über unsere Anwältin an die ZAB senden lassen. Lediglich den internationalen Pass haben wir noch nicht, weil wegen Corona eine Terminbuchung in der Botschaft in Berlin nicht möglich war. Selbst bei einer Fahrt nach Berlin wurde wir an der Botschaft abgewiesen und nicht auf das Botschaftsgelände gelassen.
Da die ZAB nicht einfach Ruhe geben kann, akzeptieren sie die Papiere nicht. Es sei denn, wir würden sie legalisieren lassen. Das würden wir ja gerne machen, dafür braucht mein Mann jedoch Papiere von der ZAB. Diese werden ihm aber nur ausgestellt, wenn er seinen Wohnsitz in die ZUE legen würde.
Fassungslosigkeit
Mein Mann lebt jetzt seit 15 Monaten bei mir in unserem Zuhause in der Zivilisation. Ich trage alle Kosten für ihn und er ist auch über mich krankenversichert. Er ist toll integriert, lernt Deutsch, hat bei zwei Firmen hospitiert, hat Arbeitsangebote und könnte sofort anfangen zu arbeiten. Und jetzt soll ich ihn zurück bringen in die Unterkunft?
Sind das überhaupt Menschen, die dort arbeiten, oder gewissenlose Monster. Denken die mal daran, was mein Mann alles hinter sich hat? Sein ganzer Körper ist vernarbt, in seiner Brust befindet sich ein Einschussloch. Jetzt hat er endlich ein Zuhause gefunden, wo er geliebt wird und keine Angst mehr um sein Leben haben muss, da macht die Ausländerbehörde da weiter, wo Boko Haram aufgehört hat. Nun will man seine Familie zerstören und auseinanderreißen. Mein Mann ist ein Teil meiner Familie, er ist einer von uns!
Wir sind verheiratet und nach §5 FreizügG EU brauchte er gar keinen Asylantrag stellen. Diese ganzen Beleidigungen und der ganze Stress hätte überhaupt nicht sein müssen. Mein Mann hat ein Recht auf eine Aufenthaltskarte.
Warum tut man uns das an? Nur weil er schwarz ist?