Wann ist man ein Deutscher?

Er habe zwei Herzen, ein deutsches und ein türkisches. Mit diesen Worten kündigte Mesut Özil seinen Rücktritt aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft an. Dies begründete er mit rassistischen Anfeindungen gegen seine Person.

Whalen in Deutschland. Foto: Hussam Al Zaher.

Vielleicht hat er einen Fehler gemacht, als er sich mit dem türkischen Präsidenten Erdogan fotografieren ließ. Die Folge waren jedenfalls, sowohl von Seiten der Politik, als auch in den sozialen Netzwerken, viele rassistische Kommentare. Diese seien, wie Özil angab, die Gründe für ihn, das deutsche Trikot in Zukunft nicht mehr zu tragen.

Was bedeutet Integration?

Seit 2015 hören wir fast täglich in den Medien, im Bundestag oder bei den Gesprächen mit Ehrenamtlichen, die geflüchteten Menschen helfen, in Deutschland sei klar: Wer hierbleiben möchte, solle sich in die deutsche Gesellschaft integrieren.

Was aber bedeutet Integration? Wann gilt ein Mensch als integriert?

Bedeutet es, die Sprache zu lernen, Arbeit zu finden, Freundschaft mit Deutschen zu schließen oder sich die Kenntnis der deutschen Kultur anzueignen? Für mich ist sie die Summe von all dem. Außerdem beinhaltet sie gegenseitige Toleranz und Respekt zwischen beiden Seiten: Auf Seiten der Deutschen und der Neubürger. Nur so kann eine gesunde Gesellschaft ein richtiges gemeinsames Leben hier in Deutschland aufbauen.

Mesut Özil als Vorbild

Ich denke, Mesut Özil war ein Vorbild für viele geflüchtete Menschen. Er entstammt einer Einwandererfamilie und hat sich nicht nur gut integriert, sondern ist 2014 sogar mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister geworden.

Viele wünschen sich, diesem Vorbild folgen zu können. Özil hat vielen Menschen, die Integration einfordern, einen schmerzhaften Schlag versetzt, als er sagte, er sei in den Augen vieler ein Deutscher, wenn er ein Spiel gewinne, aber ein Einwanderer, wenn er verliere.

Viele geflüchtete Menschen könnten sich nun fragen, welchen Sinn Integration hat.  Welchen Sinn hat es, die Sprache schnell zu lernen, wenn sie sich gut integrieren, wenn sie sogar Weltmeister werden oder wenn jemand von ihnen sogar Bundeskanzler/-in wird – solange muslimische Geflüchtete nach wie vor in erster Linie als Menschen mit dunkler Haut, schwarzen Haaren oder als Kopftuchträger gelten. Diese Fragen sollten erlaubt sein und auch die Besorgnis, die mit ihnen verbunden ist.

Geflüchtete Menschen in den Medien

Geflüchtete Menschen werden in den Medien zu einem Hauptthema. Es wird von ihnen gesprochen als seien sie Aliens oder eine Epidemie. Das ist eine Entwicklung, die alarmierend ist. Als Folge lässt die Frage, ob geflüchtete Menschen zur Gesellschaft gehören oder nicht, viele Deutsche zweifeln, und das ist auch ihr Recht.

Die Politik, die bei vielen Menschen in der deutschen Bevölkerung Ängste auslöst, sollte so schnell wie möglich beendet werden. Stattdessen sollten produktive Ideen umgesetzt werden, z. B. zur Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, die den geflüchteten Menschen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. So können sie sich in ihrem neuen Leben wohlfühlen und einen produktiven Beitrag zum Wohle der ganzen Gesellschaft leisten.

Dieser Artikel wurde in „Hagen Grenzenlos“ Blog im Mai 2019 veröffentlicht.

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Ahmad Shihabi
Ahmad Shihabi ist Journalist aus Syrien. Nach seiner Ausbildung im IT-Bereich hat er als Online-Redakteur in einem Magazin in Damaskus gearbeitet. Nach fünf Jahren musste er Syrien wegen des Kriegs verlassen. Seit 2015 ist Ahmad in Deutschland, arbeitet als freier Journalist für Kohero und berichtet aus dem Ruhrgebiet. Aktuell ist Ahmad Mentee beim Mentoring@Ruhrgebiet- Programm der Neuen Deutschen Medienmacher*innen.

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