Am 10. September ist der weltweite Suizid-Präventionstag. Der Aktionstag soll sensibilisieren und helfen, das Tabu zu brechen. Eine Studie von 2016 schätzt, dass sich weltweit rund 800.000 Menschen pro Jahr das Leben nehmen. Weltweit nehmen sich Männer häufiger das Leben als Frauen – in Deutschland wurden im Jahr 2021 laut statistischem Bundesamt 75% der Selbsttötungen von Männern durchgeführt. Laut Wissenschaftler*innen könnten traditionelle Geschlechterrollen ein Grund dafür sein, dass Männer früh lernen, Probleme mit sich selbst auszumachen, anstatt sich Hilfe zu suchen.
Auch in migrantischen Familien wird häufig nicht über psychische Erkrankungen gesprochen. Menschen mit Migrationsgeschichte würden dem Konzept von psychischem Leid häufig skeptisch gegenüberstehen, erklärt die Bildungsmanagerin und Geschlechterforscherin Emina Šarić im Biber-Onlinemagazin. Viele Menschen mit Migrationsgeschichte erfahren unter anderem durch Alltagsrassismus eine noch stärkere psychische Belastung.
Es ist wichtig, psychische Erkrankungen zu enttabuisieren und offen darüber zu sprechen, um Symptome frühzeitig zu erkennen und besser damit umgehen zu können. Im Folgenden empfehlen wir euch deshalb einige Artikel, die sich mit dem Thema mentale Gesundheit beschäftigen. Außerdem findet ihr eine Liste mit Beratungsstellen, die sich vorwiegend an Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte richten.
Unsere Empfehlungen: Artikel
1. Als Migrantin mit Depressionen umgehen
Unsere kohero Autorin Jesina hatte gerade ihr Jura-Studium abgeschlossen und wollte ins Berufsleben starten, als sie in eine Depression abrutscht. Die Erkrankung belastet sie nicht nur psychisch, sondern auch körperlich: Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Selbstzweifel und Angstzustände kommen dazu. Über all das spricht Jesina nicht mit ihren Eltern, die 1984 aus Sri Lanka nach Deutschland geflüchtet sind.
Hier erzählt sie, wie sie mit der Depression umgegangen ist und erklärt, warum viele Kinder sich unter Druck gesetzt fühlen, den Erwartungen ihrer geflüchteten Eltern gerecht zu werden.
2. Kultursensible Psychotherapie – wie geht das?
Die angehende Psychologin Zara Momand hat im kohero-Onlinemagazin bereits über die Notwendigkeit von kultursensibler Psychotherapie geschrieben: “Migration und Flucht implizieren oftmals Veränderungen und psychische Traumata, bedeuten aber nicht zwingend bemerkbare, sich äußernde psychische Probleme”. Menschen mit Migrationshintergrund hätten häufig mit noch mehr Belastung zu kämpfen – sowohl individuell und strukturell als auch emotional, so Zara. Warum das so ist, erfahrt ihr hier.
3. Der Suizid meines Onkels brachte mich dazu, über meine eigene psychische Gesundheit nachzudenken
In dem Buzzfeed-Artikel schreibt die Autorin Gabrielle Chenault über die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen in der BiPoC-Community. Sie zeigt auf, wie Rassismuserfahrungen, Polizeigewalt oder generationsübergreifende Traumata eine zusätzliche Belastung darstellen können. Wieso eine weiße Therapeutin Gabrielles Erfahrungen nur bedingt nachvollziehen konnte und warum sie Therapien trotzdem für sinnvoll und notwendig erachtet, lest ihr hier.
4. Stell dich nicht so an! – Wenn Migra-Eltern psychische Erkrankungen nicht ernst nehmen
Biber-Autorin Maria Lovrić-Anušić schreibt darüber, wie belastend es sein kann, wenn migrantische Eltern die psychischen Erkrankungen ihrer Kinder herunterspielen. In dem Artikel erzählen drei Menschen, wie sie mit ihren Depressionen und Panikattacken umgegangen sind. Warum ihre Eltern häufig mit Unverständnis reagiert haben und warum es wichtig ist, über psychische Erkrankungen und Therapiemöglichkeiten aufzuklären, lest ihr hier.
Unsere Empfehlungen: Beratungsstellen
5. ifight Depression
Auf der Internetseite iFightDepression findest du wissenschaftlich belegte Informationen über suizidales Verhalten in 19 verschiedenen Sprachen. Das Angebot richtet sich an die allgemeine Öffentlichkeit, Familien und Angehörige, aber auch an Lehrkräfte und Gesundheitspersonal.
Menschen, die von Depressionen betroffen sind, sollen mit Hilfe eines begleiteten Selbstmanagement-Tools außerdem leichter erste Symptome erkennen und lernen, besser damit umzugehen. Das Angebot gibt es in 15 verschiedenen Sprachen.
6. Muslimisches SeelsorgeTelefon (MuTeS)
Seit 2009 unterstützen Ehrenamtliche des Muslimischen SeelsorgeTelefons Menschen bei jeder Lebenslage und Notsituation – egal ob Eheprobleme, Trauer, Gewalterfahrung, Sucht oder andere Belastungen. Anrufer*innen bleiben anonym und die Mitarbeitenden des SeelsorgeTelefons sind rund um die Uhr unter 030 443 509 821 erreichbar.
7. Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention
Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) ist seit 1972 die übergreifende Fachgesellschaft für alle Einrichtungen und Personen, die sich in Forschung, Lehre oder Praxis mit Suizidprävention als Hilfe in Lebenskrisen befassen. Die DGS hat es sich zur Aufgabe gemacht, Akteur*innen der Suizidprävention zu vernetzen, die Forschung in diesem Themenfeld voranzutreiben und die Öffentlichkeit über Suizidprävention zu informieren.
8. Koordinierendes Zentrum für traumatisierte Geflüchtete – Hamburg
Centra ist Teil des Psychosozialen Zentrum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Das Team besteht unter anderem aus Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen und arbeitet interkulturell, mehrsprachig und berufsübergreifend. Bei Bedarf können geschulte Dolmetscher*innen oder muttersprachliche Mitarbeiter*innen mit einbezogen werden. Die Beratung und Behandlung erfolgt traumaspezifisch, kultursensibel und mit einem ganzheitlichen Verständnis. Auf Wunsch können Beratungen auch telefonisch in Anspruch genommen werden.
9. Netzwerk für traumatisierte Geflüchtete Niedersachsen
Das Netzwerk für traumatisierte Geflüchtete (NTFN e.V.) setzt sich für Migrant*innen in Niedersachsen ein, die traumatisierende Erfahrungen durch Folter, Verfolgung oder Flucht gemacht haben. Das Team berät Menschen die körperlich oder psychisch unter den Folgen leiden und dadurch in ihrer Belastungs-, Arbeits- und Lebensfähigkeit eingeschränkt sind. Das Angebot richtet sich nicht nur an Betroffene, sondern auch an Familienangehörige, insbesondere Kinder und Jugendliche.
10. Refugio: Beratungsstelle und Behandlungszentrum für Geflüchtete und Folteropfer – Bremen
Refugio ist eine Beratungsstelle und ein Behandlungszentrum für Geflüchtete und Folteropfer in Bremen und Bremerhaven. Refugio bietet kostenlos und auf mehreren Sprachen eine psychosoziale Beratung und psychotherapeutische Behandlung an.