Schon länger möchte ich diesen Text über ein Essen aus meiner Heimat schreiben. Mir ist aufgefallen, dass viele Gespräche von Migrant*innen, zum Beispiel in Podcasts, sich auch um dieses Thema drehen. Und für mich bedeutet Essen auch immer Erinnerung. Daher kommt das erste Rezept von nelken & nostalgie heute von mir, Hussam, Gründer von deinem kohero.
Für die erste Generation von Migrant*innen bedeutet Essen Erinnerung an die Familie, die Kindheit und die Wohnung. Aber für viele bedeutet Essen auch mehr Gemeinsamkeit, gemeinsame Zeit – und vielleicht auch Heimat.
Ich möchte ein Rezept vorstellen, das mich an meine Familie erinnert und meine Erinnerungen mit dir teilen. Durch diese Erinnerungen entstehen andere Bilder und Perspektiven von Syrien, oder … ?
Ich bin selbst kein Koch, aber ich mag es ab und zu, zu kochen und ich mag es besonders, wenn ich die Worte in meinem Kopf kochen und eine neue Perspektive an ein paar Tische in Deutschland beibringen kann.
Es ist Ende Mai und es regnet in Hamburg. Ich finde, es ist kälter, als normalerweise zu dieser Jahreszeit. Diese Kälte geht nicht nur in meinen Körper, sondern auch in meine Seele, seit ich im Exil lebe. Gott sei Dank, dass ich die Liebe gefunden habe, die meinen Körper und meine Seele wärmt. Aber ich denke an die vielen Menschen, die in fremden Ländern leben und die nur die Erinnerung als Ofen haben, der ihre Seele in diese Zeiten wärmt. Und da spielt das Essen eine große Rolle.
المجدرة Al Mujadara hat eine große Bedeutung, nicht nur im Exil, auch in meiner Heimat. Viele arme Menschen können damit ihre Armut und ihren Hunger bekämpfen, weil es ein sehr einfaches Essen ist und die Zutaten aus der Region kommen. Deshalb ist Al Mujadara besonders in Zeiten der Inflation, die die Menschen arm macht, so wichtig. Al Mujadara ist das Essen der Armen. Es macht nicht viel Arbeit und man kann alle Zutaten dafür in Syrien finden. Es wird mehr im Dorf als in der Stadt gekocht.
Weil es im Winter mehr als zweimal in der Woche gekocht wurde, habe ich keine guten Verbindungen damit in Syrien gehabt. Aber jetzt, als ich im Exil lebe, kann ich mit Al Mujadara die Wärme, die ich in Syrien erlebt habe, wieder spüren. Und nicht nur das, auch die Verbindung zwischen Zwiebeln, die in Olivenöl angebraten werden, den Gewürzen und dem Joghurt, nimmt mich zurück nach Syrien und lässt mich eine Weile gedanklich dort.
Saha waeafia oder guten Appetit wünsche ich dir.
لمجدرة (Al Mujadara):
Bulgur mit Linsen
Zutaten (für 4 Portionen):
1 Tasse braune Linsen
1 Tasse Bulgur
1 Tasse Olivenöl
1 Zwiebel
Salz & schwarzer Pfeffer
Zubereitung:
- Die Linsen waschen und in Wasser kochen. Auch den Bulgur waschen und mitkochen. Achte auf die Kochzeit, eventuell brauchen die Linsen genauso lange wie der Bulgur, dann kannst du beides zeitgleich in den Topf geben und kochen lassen.
- Lass beides einmal aufkochen und dann köcheln, bis der Bulgur und die Linsen weich sind.
- Die Zwiebeln goldbraun anbraten (siehe Geheimnis).
- Wenn der Bulgur und die Linsen gar sind, würze das Gericht mit Salz, schwarzem Pfeffer und viel Olivenöl. Dafür kannst du auch das Öl verwenden, mit dem du die Zwiebeln angebraten hast. Füge die Hälfte der angebratenen Zwiebeln hinzu und rühre alles vorsichtig mit einer Gabel um.
- Auf einer flachen Servierschüssel anhäufen und mit den restlichen Zwiebeln garnieren. Dazu passt am besten Naturjoghurt, auch türkisch oder griechischer Joghurt ist geeignet.
Das GeheimnisDamit die Zwiebeln knusprig werden, solltest du sie mit etwas Mehl mischen und dann in Olivenöl anbraten, bist sie goldbraun sind.
Statt Bulgur kann man dieses Gericht auch mit Reis kochen.
Der TippAn dieser Stelle möchten wir dir immer einen Tipp geben, wo du dieses Gericht in einem Restaurant essen kannst. Leider kenne ich kein gutes authentisches Restaurant, das ich dir empfehlen kann. Entweder sind es syrische Restaurants mit vielen angepassten (almanisierten) Rezepten, die sich nur an Deutsche ohne syrischen Hintergrund richten (an die von ihnen, denen die wirklich syrische Küche nicht schmeckt) oder es sind kleine Restaurants, in denen man nicht gut sitzen kann. Meist bieten diese syrischen Restaurants nur schnelle Gerichte wie Shawarma und gegrilltes Hähnchen an und keine gekochten Gerichte.
Mein Tipp für dich: Koch es am besten selbst!
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