„Wir möchten Geflüchteten ein Grundverständnis geben, damit jede*r das Vertrauen und das Selbstbewusstsein hat, für die eigenen Rechte einzustehen“, sagt Natali Gbele. Sie ist nicht nur Mitgründerin der Know Your Rights Initiative (KYRI), einem Verein, der deutsches Recht für jeden Menschen zugänglich machen möchte, sie hat außerdem erfolgreich ihr Jurastudium beendet, startet jetzt ihr erstes Tutorium an der Universität in München und plant derzeit ihre Dissertation.
Natali ist 25 Jahre alt und Palästinenserin. Nachdem sie 2016 ihr Abitur gemacht hat, ist sie 2017 nach Deutschland gekommen und hat in Lindau am Bodensee einen 10-monatigen Intensiv-Deutschkurs belegt. Kurz danach, im Oktober 2018, hat sie ihr Jurastudium in München begonnen.
Gleich zu Beginn des Studiums, direkt im ersten Semester, engagierte sich Natali bei der Refugee Law Clinic in München als Rechtsberaterin. Der Aufstieg dort gelang ihr schnell, denn nachdem sie das Ausbildungsprogramm dort abgeschlossen hatte, war sie kurze Zeit später Leiterin des Ausbildungsprogramms und im Jahr 2020 dann im Vorstand der Refugee Law Clinic. Zum ungefähr gleichen Zeitpunkt gründete sie KYRI – „Know Your Rights Initiative e. V.“.
"Wir sind ein so vielfältiger Verein"
„Mit all meiner eigenen Erfahrung, die ich als ausländische Studentin hatte, konnte ich das Konzept von präventiver Aufklärungsarbeit konkretisieren“. So beschreibt Natali die Gründungsidee von KYRI. Der Verein arbeitet in München hauptsächlich mit sozialen Einrichtungen zusammen, um allgemeine Aufklärungsarbeit, insbesondere über das Polizei- und Sicherheitsrecht, zu vermitteln. Mittlerweile umfasst der Verein fast 40 Mitglieder mit unterschiedlichen Muttersprachen. „Das ist wirklich toll an unserem Verein, dass wir die Ressourcen der verschiedenen Sprachen schon intern haben, weil wir ein so vielfältiger Verein sind.“
Gerade in der Arbeit mit Geflüchteten geht es um eine „wichtige und sensible Zielgruppe“, sagt sie. Daher sei es enorm wichtig, das Engagement zu koordinieren, da man sich immer mit den Schicksalen von Menschen beschäftigt und Vertrauen aufbauen muss. „Du kannst nicht jedem zu 100 % gerecht werden, weil jeder seine individuellen Bedürfnisse hat. Wir wollen aber immer auf unseren Ansatz achten, so inklusiv wie möglich sein und möglichst viele Menschen mit unserer präventiven Arbeit erreichen.“ Dies sei der Grund, warum sich KYRI auf diese allgemeine Präventionsarbeit spezialisiert hat.
Als größte Herausforderung für sich selbst seit der Gründung von KYRI beschreibt Natali die Vereinbarkeit mit ihrem Jurastudium. Auf der anderen Seite, das ergänzt sie schnell, würde sie es wahrscheinlich beim nächsten Mal auch nicht anders machen. Seit sie das Examen erfolgreich abgeschlossen hat, hat sich Natalis Alltag allerdings komplett verändert. Jetzt geht es nicht mehr um die Vereinbarkeit mit dem Studium, sondern es kommen neue Herausforderungen wie die geplante Dissertation, und auch ihr erstes eigenes, in diesem Semester startendes Tutorium an der Universität in München.
"Ein Tutorium zu übernehmen, das ist für mich eine große Ehre“
Wie Natali Kontrolle in ihrem so getakteten Alltag findet? Für sie ist ihr Google Kalender ein großes Thema. „Ohne meinen Kalender komme ich niemals weiter, da ist auch alles nach Farben sortiert, selbst wenn ich mich mit Freund*innen zum Mittagessen treffe.“ Gerade bei den ganzen Plänen, sei es in Bezug auf KYRI, ihre berufliche und persönliche Entwicklung oder ihren Kater, der natürlich auch ausreichend Futter benötigt, sind Struktur und Zeitmanagement für Natali das A und O. Ihre Freizeit am Abend nutzt sie dann aber auch sehr gern für Netflix.
Ihr „guilty pleasure“: Reality-Shows, danach geht es dann aber auch schnell ins Bett, weil der Tag ja am nächsten Morgen wieder früh anfängt.
Doch wo sieht sich Natali in der Zukunft? Sie sagt ganz klar, Kontrolle abgeben muss gelernt sein – und vielleicht auch perspektivisch auf KYRI bezogen. Natali sieht sich auf jeden Fall langfristig in der Lehre und im akademischen Bereich. „Ich hoffe, dass ich mich in diesem Bereich entwickeln darf und ich freue mich so sehr, ein Tutorium zu übernehmen, das ist für mich eine große Ehre.“