Suche

Afghanistan im Oktober

In unserer monatlichen Kolumne fasst unsere Autorin Sahar Reza die aktuellen Ereignisse und Nachrichten aus Afghanistan im Oktober zusammen.

Fotograf*in: Mohammad Rahmani auf Unsplash

 

Erdbeben

Bei einem tödlichen Erdbeben in der Provinz Herat in Afghanistan haben viele Menschen ihr Leben und ihre Häuser verloren. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hat erklärt, dass bei den jüngsten Erdstößen in Herat 90 % der Opfer Frauen und Kinder sind. Sie haben um einen dringenden Aufruf zur Bereitstellung von 20 Millionen Dollar zur Unterstützung von 200.000 Menschen gebeten.

Diplomatische Vertretungen Afghanistans

Die diplomatischen und konsularischen Vertretungen Afghanistans im Ausland kämpfen mit finanziellen und verwaltungstechnischen Problemen und wachsendem Druck seitens des Außenministeriums der Taliban. Sie versuchen, Einfluss auf diese Vertretungen zu nehmen, und das Außenministerium bietet ihnen nur wenig Unterstützung. Die Taliban haben angekündigt, dass alle Aktivitäten in Wien und London hinfällig sind. Neun der afghanischen Botschaften arbeiten jedoch direkt mit den Taliban zusammen. Dazu gehören China, Iran, Pakistan, Katar, Kasachstan, die Niederlande, Spanien, Russland und die Türkei.

Bericht der UNAMA

Kürzlich berichtete die UNAMA über 800 Fälle von außergerichtlichen Tötungen, anhaltender Folter, Misshandlung, willkürlichen Verhaftungen und Verschwinden lassen, sowie der Inhaftierung ehemaliger Militärangehöriger durch die Taliban. Dies geschah alles während der zweijährigen Herrschaft der Taliban. Fazlur Rahman, der der Armeebrigade der früheren Regierung angehörte, wurde aus dem Zentrum der Provinz Khost an einen unbekannten Ort gebracht.

Lokale Quellen haben berichtet, dass ein ehemaliger Regierungssoldat namens Mohebullah am 28. Oktober in der Provinz Nuristan von den Taliban erschossen wurde. Die Quellen geben auch an, dass die Taliban den Vater und zwei Brüder als Geiseln genommen haben, weil ein anderer Sohn der Familie ein ehemaliges Mitglied der Polizeikräfte der früheren Regierung war und sich derzeit außerhalb des Landes aufhält. Er ist identifizierbar als Afshar Khan Noori.

Freilassungen und Forderungen

Matiullah Wisa, der Leiter der Pen Path Foundation, wird nach 215 Tagen in Taliban-Gefangenschaft freigelassen. Er wurde am 27. März von den Taliban gefangen genommen. Ihm wurden verdächtige Aktivitäten und sein Eintreten für die Wiedereröffnung von Mädchenschulen in abgelegenen Gebieten vorgeworfen.

8am Quellen haben bestätigt, dass die Taliban Manija Sadeqi, ein Mitglied der spontanen Frauenbewegung Afghanistans, vor 15 Tagen festgenommen haben. Inzwischen fordern die Mitglieder der afghanischen Frauenbewegung für Gerechtigkeit und Freiheit die Freilassung von Jhulia Parsi, Neda Parwani und Rasoul Parsi.

Am 18. Oktober hat Alexandra Mostovaja, die Frau des afghanischen Journalisten Morteza Behbudi, die Freilassung ihres Mannes nach 284 Tagen angekündigt. Morteza ist Nachrichtenfotograf und Reporter in Zusammenarbeit mit verschiedenen französischen Medien. Er war von Frankreich aus nach Afghanistan gereist, um wichtige Berichte zu sammeln. Tragischerweise hat die Generaldriektion des Geheimdienstes (GDI) ihn am 7. Januar in Kabul, als er bei den Taliban seine Arbeitsgenehmigung einholen wollte, ungerechtfertigt verhaftet und der Spionage beschuldigt.

Schließungen

 Das Taliban-Direktorat für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters in der Provinz Ghazni, hat zwei Privatschulen und zwei Sprachinstitute geschlossen, obwohl die Mädchen getrennt von den Jungen unterrichtet werden.

Militärische Ausbildung

Lokale Quellen haben enthüllt, dass die Taliban aktiv junge Menschen in Jihadi-Madrassas, in verschiedenen Provinzen in Nuristan, Zabul, Farah, Kunar, Kabul, Panjshir rekrutieren.  Sogar in Bamian haben sie ein Wohnheim, das früher für die Ausbildung von Lehrer*innen genutzt wurde, in eine Jihadi-Schule umgewandelt. Hier erhalten die Schüler nicht nur religiösen Unterricht, sondern auch eine militärische Ausbildung. Die Schüler dieser Schulen sagten anonym, dass sie über diese Madrassa besorgt seien, da sie zur Verbreitung von Extremismus und Radikalismus führen könnten.

Auswärtige Angelegenheiten

Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Taliban gibt bekannt, dass Badruddin Haqanni zum neuen Leiter der afghanischen Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) ernannt wurde.

Abschiebung

Die pakistanische Regierung hat angekündigt, Flüchtlinge ohne Aufenthaltsgenehmigung und Reisedokument abzuschieben. Die Behörden des Landes gaben bekannt, dass am 28. und 29. Oktober zwischen 15000 und 20000 afghanische Flüchtlinge das Land freiwillig verlassen haben. Obwohl die Zahl der Flüchtlinge in Pakistan auf drei Millionen geschätzt wird, sind nun mehr als 1,4 Millionen von ihnen ohne Papiere von der Abschiebung aus Pakistan bedroht.

Hier geht es zu den Ereignissen im September.

Bildquellen

Schlagwörter:
Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

Zum Abo: 

Mit deinem Abo können wir nicht nur neue Printausgaben produzieren, sondern auch unsere Podcasts und das Online-Magazin weiter kostenlos anbieten.

Wir machen Journalismus, der zugänglich für alle sein soll. Mit dem Rabattcode koherobedeutetZusammenhalt kannst du einzelne Ausgaben günstiger bestellen. 

Afghanistan Update: Juli und August

Verstöße gegen Pressefreiheit Das Afghanistan Journalistinnen Center hat einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass es in den vergangenen zwei Jahren der Taliban-Herrschaft 366 Vorfälle von Verstößen gegen die Rechte von Journalisten und die Medienfreiheit gegeben hat. Die Vorfälle umfassen Fälle, in denen Medienmitarbeiter ums Leben kamen, 23 Fälle, in denen Journalisten verletzt wurden, und 176 Fälle von vorübergehender und mittelfristiger Inhaftierung, von denen einige monatelang andauerten, und 9 Personen befinden sich derzeit noch in Taliban-Gewahrsam. Es wurde dokumentiert, dass 139 Fälle von Drohungen und 25 Fälle von körperlicher Gewalt und Schlägen gegen Journalisten gerichtet waren. In den letzten zwei Jahren haben Journalisten, insbesondere Frauen, entweder ihre Arbeit verloren oder mussten das Land verlassen. Die AFJC berichtete auch, dass die Taliban am 6. August den Betrieb von zwei weiteren Radiosendern in Nangarhar verboten haben. Einschränkungen für Schiiten Taliban nehmen Schiiten unter Beschuss in der Stadt Ghazni. Während der Ashura-Zeremonie verhängten die Taliban Einschränkungen für Schiiten und unterbrachen die Telekommunikationsnetze in Kabul, Ghazni und Balkh. Morde an Frauen durch Taliban In einer Pressemitteilung vom Samstag, 26. August, erklärte die APWM, dass in den letzten zwei Jahren zahlreiche aktive Frauen in Kabul und den Provinzen von den Taliban ins Visier genommen wurden. Kürzlich wurde eine YouTuberin von den Taliban ermordet und ohne die Anwesenheit ihrer Familienangehörigen begraben. Die APWM hat an Länder und Menschenrechtsinstitutionen appelliert, die Taliban vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Hague zur Verantwortung zu ziehen. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat es viele mysteriöse Morde gegeben, und mindestens 60 Frauen in 10 Provinzen wurden ermordet, Dutzende sind verschwunden.   Frauen inhaftiert Die Taliban haben 8 Frauen inhaftiert, die der Bewegung „Union und Solidarität der afghanischen Frauen“ angehören. Die 8 Frauen wurden in Gewahrsam genommen, als sie sich versammelten, um eine Veranstaltung zu organisieren.   Erklärung Netzwerk für politische

Weiterlesen …
Freakwave - Pixabay.com).

Die Corona-Wirtschaft

China und Italien haben eine Situation erreicht, in der es nicht mehr möglich ist, sich mit einer abwartenden Politik zufrieden zu geben. Beide Länder müssen schnelle Entscheidungen treffen.

Weiterlesen …

Jesus war auch Flüchtling

Und doch bleibt dieser Artikel aktuell – auch als Stimme für andere Geflüchtete. Wir haben nur unsere Kugelschreiber, um gegen Krieg für den Frieden zu kämpfen, um gut zusammen leben zu können.   In diesen Tagen feiern wir den Geburtstag von Jesus, er ist Bote der Liebe und des Friedens. Jesus und seine Mutter flüchteten, um Sicherheit und Liebe zu finden. Jesus war ein Geflüchteter, wie ich.   Ich bin geflüchtet vor dem Krieg, vor Hass und Mord, um Sicherheit zu finden, Liebe und Leben. Ja, ich komme aus Syrien, aus dem schönsten Land der Welt, aus Damaskus, aus einer der ältesten Städte der Welt. Damaskus nennt man Jasmin’s Stadt, weil es viel Jasmin in Damaskus gibt. Jasmin gehörte zu unserem Leben. Aber jetzt gibt es leider nur noch Krieg und Mord in Damaskus. Der Krieg zwingt uns zu fliehen. Jetzt sind wir Flüchtlinge. Wenn man Flüchtling ist, dann wird das Leben zu einem Leben ohne Seele, ohne Familie, ohne Freunde, ohne Träume – es bleiben nur die Schmerzen der Erinnerung. Das Land war unser Leben. Das Land gehört zu unserer Seele. Jetzt aber sind wir Flüchtlinge. Wir müssen Geduld und Hoffnung haben. Nur das brauchen wie jetzt. Auf der Suche nach Frieden und Freiheit Wir werden gefragt: Warum seid ihr nicht in eurem Land geblieben? Weil wir es hassen, Waffen zu tragen.  Weil wir nicht bereit sind, Waffen zu benutzen. Was wir tragen, ist die Kultur des Lebens. Wir erkennen unser Land nicht mehr, wenn in Syrien so viel getötet wird. Wenn nur noch Krieg herrscht, können wir dort nicht mehr leben. Mit dem Krieg gibt es nur noch Mord und Hass. Hier in Deutschland hat es auch einen großen Krieg gegeben. Hier wissen die Menschen, was Krieg bedeutet. Ich habe diesen Text vor einem Jahr geschrieben. Da war ich erst seit einem Jahr in Deutschland. Davor war

Weiterlesen …
Brasilien: COVID19 und der brasilianische Geist

Brasilien: COVID19 und der brasilianische Geist

In seiner Kolumne über sein Heimatland Brasilien, berichtet unser Autor über den Umgang mit Covid 19. „Ich erstaune immer wieder über die Lässigkeit und, warum nicht, Verantwortungslosigkeit, mit der sich weite Teile der brasilianischen Bevölkerung in diesen harten Zeiten der Pandemie im Alltag verhält.“

Weiterlesen …
Kategorie & Format
Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kohero Magazin