Johee Oh, die junge Filmregisseurin, hat in ihren 25 Jahren bereits viel erlebt. Geboren und aufgewachsen in der Stadt Seoul, Korea, führte sie ein scheinbar normales Leben mit ihren Eltern und ihrer Schwester. Ihre Mutter arbeitete in der Wissenschaft, während ihr Vater für ein IT-Unternehmen tätig war.
Die Kehrtwende
Das Leben von Johee nahm eine Wendung, als sie 8 Jahre alt war. In einer Nacht, in der ihre Eltern nicht zu Hause waren, brannte ihr Haus, während sie und ihre Schwester schliefen. Glücklicherweise wurden Johee und ihre Schwester von der Feuerwehr gerettet, doch die Erfahrung hinterließ bleibende Spuren. Beide litten unter leichtem Asthma, und Johees Stimme veränderte sich und wurde tiefer.
Nach diesem drastisch Ereignis beschlossen ihre Eltern, ihr Leben zu verändern. Sie kündigten ihre Jobs und entschieden sich für ein missionarisches Leben im Bildungsbereich. Die Familie zog nach Vietnam, als sie 15 Jahre alt war, und lebte dort für 3 Jahre. „Ich habe von meine Eltern gelernt, dass wenn man was will, schafft man es, auch wenn die Zukunft unklar ist. Man bracht Herausforderungen zum wachsen.“
Ihre Eltern hegten den Wunsch, dass beide Schwestern Musikerinnen werden sollten, deshalb lernte Johee seit ihrer Kindheit intensiv Klavier und ihre Schwester Violine. Nach ihrem Schulabschluss wussten die Schwestern jedoch nicht, was sie als Nächstes tun sollten. Schließlich entschieden sie sich, nach Deutschland zu reisen, um dort weiter ihrem akademischen Werdegang zu folgen, immer noch mit dem Wunsch ihrer Eltern, Musik zu studieren.
Eine Neue Richtung
Die Anfangszeit in Deutschland war für Johee und ihre Schwester nicht einfach. Sie lebten bei einer koreanischen Gastfamilie, die sie schlecht behandelte und unglücklich machte. Doch dann lernten sie eine Frau in der koreanischen Gemeinde kennen, die ihnen ein Zimmer zu einem erschwinglichen Preis anbot. Endlich befreit von den unangenehmen Umständen ihrer vorherigen Unterkunft, begannen sie, sich auf ihre Bildung zu konzentrieren.
Johee besuchte eine internationale Klasse auf dem Gymnasium, wo sie Deutsch, Mathe und Englisch lernte. Während dieser Zeit erkannte sie, dass Filme ihr Trostspender in schwierigen Zeiten waren. Ihr Traum änderte sich, und sie hegte nun den Wunsch, eine Filmregisseurin zu werden. Diesen Traum teilte sie jedoch vorerst nicht mit ihren Eltern, da sie zunächst in Deutschland Fuß fassen wollte. „Als ich am Anfang Klavier gespielt hatte, habe ich es gehasst. Aber sobald ich aufgehört hatte Klavier zu spielen, merkte ich, dass es Teil von mir ist und ich damit zu Ruhe kommen kann. Ich muss es nicht als Beruf haben.“
Ein Film, Eine Mission
Während ihres Alltags und in ihrem Zuhause vertiefte sich Johee in die Welt des Films. Eines Tages klopfte ein Mann an ihre Tür und brüllte sie auf Deutsch an. Mit ihren bescheidenen Deutschkenntnissen verstand Johee, dass dieser Mann der eigentliche Vermieter des Hauses war und die Frau, bei der sie wohnten, sie betrogen hatte. Johee und ihre Schwester wurden aus dem Haus geworfen, und die Frau antwortete nicht auf ihre Anrufe.
Glücklicherweise fanden sie Unterkunft bei einer Freundin, und in diesem Moment entschied Johee, einen Film über ihre Erfahrungen als Migrantin in Deutschland zu machen. Sie wollte der Welt zeigen, welche Herausforderungen Migranten bewältigen müssen. „Integration entsteht aus der Hilfe von anderen und das will ich der Welt zeigen“.
Mit Hilfe ihrer Familie und durch die Suche nach einer stabilen Unterkunft fanden Johee und ihre Schwester schließlich wieder Halt. Zwei Jahre später bewarb sich Johee an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken. Sie überzeugte ihre Eltern davon, dass dies ihre wahre Leidenschaft war. „Als ich eine Filmregisseurin werden wollte, dachte ich, ich könnte Filme aus meiner Fantasie erschaffen. Später und im Studium merkte ich, dass ich durch die Erfahrungen mit zwei Diasporen, einmal in Vietnam und einmal in Deutschland, die Welt spiegeln kann. Und ich will jetzt mit dem Film diese Themen tiefer bearbeiten.“
Die Erfüllung der Vision
Johee hatte endlich das erreicht, wovon sie jahrelang geträumt hatte. Inspiriert von ihren eigenen Erfahrungen in Deutschland schuf sie einen Film mit dem Titel „Die Barmherzige Samariterin“. Johee übernahm die Regie, während ihre Schwester die Produktion leitete. In diesem Film verarbeitete sie die Ereignisse, die ihr Leben in Deutschland so stark beeinflusst hatten.
Ihr Film wurde ein großer Erfolg und brachte Johee auf viele internationale Filmfestivals, darunter Prag und Budapest. Ihr größter Triumph kam jedoch beim Busan International Kurz Film Festival in Korea, wo sie den Publikumspreis gewann.
Johee bereitet sich jetzt auf einen zweiten Film vor. „Mein erster Film ging um meine Identität und war super symbolisch. Ich musste darüber schreiben, womit ich mich beschäftige momentan. Also wenn ich das versagt hätte, wäre das egal, aber im zweiten Film ist das nicht so und ich habe Angst, dass er weniger erfolgreich ist, als der erste.“
Ihre nächsten Geschichten werden um Themen kreisen wie Diaspora, Integration und den Druck, den man als Kind bekommt. „Jedes Jahr beschäftigten mich neue Themen und mein Blick wird verschärft. Ich kann nicht sagen, was das genau sein wird, ich lasse mich von mir selber überraschen.“
Bildquellen
- Johee Oh: Hanhee Oh