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Afghanistan Update: Juli und August

Sahar Reza fasst Nachrichten aus Afghanistan vom Juli und August zusammen. Im Fokus stehen Angriffe auf die Pressefreiheit und Frauenrechte.

Fotograf*in: Joel Heard auf Unsplash

Verstöße gegen Pressefreiheit

Das Afghanistan Journalistinnen Center hat einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass es in den vergangenen zwei Jahren der Taliban-Herrschaft 366 Vorfälle von Verstößen gegen die Rechte von Journalisten und die Medienfreiheit gegeben hat. Die Vorfälle umfassen Fälle, in denen Medienmitarbeiter ums Leben kamen, 23 Fälle, in denen Journalisten verletzt wurden, und 176 Fälle von vorübergehender und mittelfristiger Inhaftierung, von denen einige monatelang andauerten, und 9 Personen befinden sich derzeit noch in Taliban-Gewahrsam.

Es wurde dokumentiert, dass 139 Fälle von Drohungen und 25 Fälle von körperlicher Gewalt und Schlägen gegen Journalisten gerichtet waren. In den letzten zwei Jahren haben Journalisten, insbesondere Frauen, entweder ihre Arbeit verloren oder mussten das Land verlassen. Die AFJC berichtete auch, dass die Taliban am 6. August den Betrieb von zwei weiteren Radiosendern in Nangarhar verboten haben.

Einschränkungen für Schiiten

Taliban nehmen Schiiten unter Beschuss in der Stadt Ghazni. Während der Ashura-Zeremonie verhängten die Taliban Einschränkungen für Schiiten und unterbrachen die Telekommunikationsnetze in Kabul, Ghazni und Balkh.

Morde an Frauen durch Taliban

In einer Pressemitteilung vom Samstag, 26. August, erklärte die APWM, dass in den letzten zwei Jahren zahlreiche aktive Frauen in Kabul und den Provinzen von den Taliban ins Visier genommen wurden. Kürzlich wurde eine YouTuberin von den Taliban ermordet und ohne die Anwesenheit ihrer Familienangehörigen begraben. Die APWM hat an Länder und Menschenrechtsinstitutionen appelliert, die Taliban vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Hague zur Verantwortung zu ziehen. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat es viele mysteriöse Morde gegeben, und mindestens 60 Frauen in 10 Provinzen wurden ermordet, Dutzende sind verschwunden.

 

Frauen inhaftiert

Die Taliban haben 8 Frauen inhaftiert, die der Bewegung „Union und Solidarität der afghanischen Frauen“ angehören. Die 8 Frauen wurden in Gewahrsam genommen, als sie sich versammelten, um eine Veranstaltung zu organisieren.

 

Erklärung Netzwerk für politische Partizipation afghanischer Frauen

Das Netzwerk für politische Partizipation afghanischer Frauen hat anlässlich des 15. August, dem zweiten Jahrestag der Taliban Machtübernahme, eine Erklärung abgegeben, wonach die Handlungen der Taliban eine Gefahr für Afghanistan und die Welt darstellen.

Studentinnen an Ausreise gehindert

Die Taliban haben 60 Studentinnen daran gehindert, als Stipendiatinnen nach Dubai zu reisen. Obwohl die Studentinnen die erforderliche gesetzliche Reisegenehmigung hatten, wurden sie an der Reise gehindert. In den vom Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhinderung von Lastern an Flughäfen und Landgrenzen ausgestellten Rechtsdokumenten heißt es, dass es Frauen ohne Begleitung verboten ist, ohne einen Man mehr als 72 Kilometer zu reisen. So war es auch bei 19 Studentinnen, die letztes Jahr von den Taliban zurückgewiesen wurden, um nach Usbekistan zu reisen.

Journalisten inhaftiert

Lokale Quellen in Kandahar haben berichtet, dass drei Journalisten von den Taliban festgenommen wurden. Ataullah Omar, Shams Omari und Wahid -ur- Rahman Afghanmal, am 14. August. Der Bericht ist jedoch noch nicht durch zuverlässige Quellen bestätigt worden. Lokale Quellen in Balkh haben berichtet, dass drei Journalisten von den Taliban verhaftet wurden, als sie über einen Brand in der Provinz berichteten.

Ehemalige Soldaten und Regierungsbeamte ermordet

In vielen Provinzen haben lokale Quellen berichtet, dass ehemalige Soldaten und Regierungsbeamte von den Taliban gefoltert oder ermordet worden sind. In Badakhshan wurde der ehemalige Soldat Faraidoon inhaftiert und gefoltert, weil er mit der früheren Regierung zusammengearbeitet hatte. In der Provinz Balkh haben die Taliban einen ehemaligen Regierungskommandeur namens Sakhiudin Rahmad ermordet. Seine Leiche wurde unter der Erde vergraben gefunden.

In Parwan wurde ein ehemaliger Militärbeamter der Regierung festgenommen, der als Offizier im Innenministerium der ehemaligen Regierung tätig war und mit dem Sicherheitskommando in Kabul zusammenarbeitete. In Ghazni wurden 40 Zivilisten festgenommen, brutal geschlagen und inhaftiert, weil sie den Leiter des Geheimdienstes der Taliban im Bezirk Khaja Omari ermordet haben sollen. In Kundus wurde ein ehemaliger Militäroffizier getötet, als er in seinem Haus verhaftet und seine Leiche ohne ersichtlichen Grund an seine Familie übergeben wurde. In Laghman wurde ein ehemaliger Polizeikommandant der örtlichen Regierung von den Taliban ermordet.

 

Mädchen zur Heirat gezwungen

In der Provinz Faryab zwangen die Taliban ein 13-jähriges Mädchen unter Androhung einer Schusswaffe zur Heirat.

 

Musikinstrumente verbrannt

Musikinstrumente werden von den Behörden der Direktion für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters in Herat eingesammelt und in den vergangenen Monaten in Herat verbrannt.

Haarsalons müssen schließen

Das Taliban-Ministerium für die Förderung von Tugend und Prävention hat in einer Erklärung angeordnet, dass ab dem 23. Juli die Haar- und Schönheitssalons für Frauen in Afghanistan geschlossen werden müssen.

Parkbesuch für Frauen verboten

Frauen ist der Besuch des Band-e-Amir-Nationalparks in der Provinz Bamyan untersagt. Als Grund wird angegeben, dass es Beschwerden über das Fehlen des Hidschabs gibt.

Gesundheitliche Versorgung gefährdet

Im Juli 2023 stellte die WHO fest, dass 33 Sekundärkrankenhäuser, die 9 Millionen Afghanen versorgen, aufgrund fehlender Mittel kurz davorstehen, ihre Dienste einzustellen.

Besorgnis des UN-Sicherheitsrates zurückgewiesen

Das Islamische Emirat Afghanistan hat die Besorgnis des UN-Sicherheitsrats über die Aktivitäten des Daesh in Afghanistan zurückgewiesen. Es heißt, der Bericht des UN-Sicherheitsrates über die Präsenz von Terrorgruppen auch in Afghanistan sei nicht durch Beweise belegt. Das Gleiche gilt für den britischen Hochkommissar in Pakistan, der behauptet hat, dass Tehreek-e-Taliban Pakistan TTP und andere terroristische Organisationen auf afghanischem Gebiet operieren. Und Bilal Karimi, der stellvertretende Sprecher der IEA, sagte, dass der Boden Afghanistans nicht gegen ein Land eingesetzt werde. „Afghanistan ist friedlich, stabil und sicher; es gibt keine Instabilität oder Gruppe, die von afghanischem Boden aus anderen Nationen schadet, – Die Behauptungen und Aussagen entbehren jeglicher Grundlage“, sagte Karimi.

Kompromittierende Videos

Nach Angaben von Afghanistan International wurden die Taliban-Beamte auf Videoclips aufmerksam gemacht, die in den sozialen Medien über sexuelle Beziehungen von Taliban-Beamten kursieren.

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Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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Städte

Städte und wir

„Wenn du diese Stadt verstehst, dann verstehst du dich selbst.” Dieses Zitat habe ich in einem saudischen Film gehört. Ein alter Mann sagte es zu einem jungen Mann. Dieses interessante Zitat hat mich nachdenklich gemacht. Welche Beziehung haben wir zu den Städten? Warum können wir uns nur verstehen, wenn wir unsere Stadt verstehen? Meine Erinnerung führt mich in die Zeit, als ich jünger war, in die kleine Stadt in der Nähe von Damaskus, in der ich aufwuchs. Von der ich fast jeden Tag träume. Damals konnte ich mich verstehen, ich konnte mich durch die Blicke meiner Familie, Nachbar*innen, Freund*innen sehen und verstehen. Damals habe ich diese Bedeutung der Stadt noch nicht gesehen, ich habe sie angeschaut wie einen Stern.   Flucht durch die Städte Danach musste ich innerhalb von drei Jahren wegen des Krieges in mehr als zwanzig verschiedene Wohnungen ziehen. Da hatte ich keine große Verbindung zu der Wohnung meiner Eltern. Schließlich musste ich meine Stadt ganz verlassen und bin nach Istanbul geflohen. Dort hatte ich kein so großes Heimweh, habe meine Stadt nicht so sehr vermisst. Vielleicht, weil Damaskus mich verstoßen hat, weil es seine Kinder nicht mehr in ihren Armen tragen konnte? Oder weil ich mich in Istanbul sehr sicher gefühlt habe als ich in Damaskus war? Ich wusste damals nicht warum und weiß es auch heute immer noch nicht. Aber als ich in Istanbul war, konnte ich Damaskus verstehen. Ich habe gesehen, wie ähnlich Istanbul und Damaskus sind, nicht nur wegen der Kultur, und Geschichte, auch wegen der Menschen, der Verbindung zwischen der Stadt und den Menschen. Sowohl Damaskus als auch Istanbul sind Städte der Gegensätze und Widersprüche. Es gibt arme und reiche Stadtteile, schöne Gebiete aber auch hässliche. Diesen Widerspruch können Tourist*innen nicht so deutlich sehen, aber die Zuwander*innen aus anderen Völkern können das spüren

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Niqab – Verbot ist nicht die Lösung

Eine Berufsschule verbot einer Schülerin mit ihrem Niqab die Schule zu betreten. Die Mutter der Sechzehnjährigen hat dagegen geklagt. Das Urteil war für das Mädchen und es gibt kein Recht und keinen Grund dies zu verbieten. Unser Autor Hussam war froh, dass Deutschland endlich Toleranz für ander Werte zeigt. Danach las er den Kommentar des Hamburger Schulsenators Herrn Rabe. Dieser möchte die Gessetze veränderen. Hussam nennt 7 Gründe, die dagegen sprechen.

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Wie können wir diskutieren

Wir sind Geflüchtete, kommen aus unterschiedlichen Ländern, in denen es nur Diktatur gibt. Wir kommen aus Ländern, in denen es sehr viel Angst gibt. Wir dürfen nicht sagen, was wir denken und was wir glauben. Wir wollen in einem Land leben, in dem es Freiheit gibt. Freiheit ohne Angst. Aber wir haben keine Freiheit gefunden, obwohl wir in Deutschland leben, dem Land der Freiheit, weil wir Geflüchtete sind. Mit einem Flüchtlingsstatus können wir keine Freiheit haben. Wir dürfen keine Freiheit haben. Wir sollen mit den Deutschen einer Meinung sein, weil die Deutschen das Sagen haben und wir nur Flüchtlinge sind, nichts kennen. Manche behaupten, dass es in unseren Ländern keine Kultur gibt und wir kein Wissen haben. Aber sie kennen unsere Länder doch gar nicht. Ja, wir kommen aus Dritte-Welt-Ländern, aber wir sind nicht außerhalb der Welt. Aufgrund der Globalisierung können wir heute alle alles voneinander wissen, und beeinflussen uns gegenseitig- wie in einem Dorf. Außerdem hat unsere Kultur einen großen Einfluss weltweit, aber wegen unserer Diktatur sind unser Länder dritte Welt. Aber natürlich müssen wir eure Meinung respektieren – nur müssen wir sie nicht annehmen. Wir dürfen Deutschland, oder was in Deutschland passiert, nicht kritisieren, weil wir Geflüchtete sind. Als wir etwas in Deutschland kritisiert haben, haben einige Deutsche gesagt, warum habt ihr das gemacht, warum seid ihr nach Deutschland gekommen, wenn Euch Deutschland nicht gefällt. Ihr wollt euch nicht integrieren, ihr solltet in Eure Länder zurückgehen. Ihr wollt den Islam in Deutschland verbreiten, ihr habt keinen Respekt für die öffentliche Ordnung und so weiter. Wir, die Geflüchteten möchten freundschaftlich antworten: wir haben vielleicht eine unterschiedliche Meinung – aber wir können trotzdem alle Freunde sein. Wir, die Flüchtlinge haben nicht Deutschland kritisiert, sondern nur eine Sache in Deutschland, weil wir sie von einer anderen Seite gesehen haben, weil wir

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Kultur der Liebe 1, Stef

Kultur der Liebe #1: Wunsch nach Kommunikation und Empathie

Dating und Liebe – das kann sehr schön aber auch sehr anstrengend sein. Schön, weil man auf eine Person treffen kann, die einen inspiriert, mit der man Nähe und Intimität austauschen kann. Anstrengend, weil wir in einer Gesellschaft leben, die immer schnelllebiger wird, mit sexistischen und rassistischen Stereotypen und Normen. Welche Erfahrungen machen Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung in Deutschland beim Daten und in der Liebe? Zwei Menschen treffen aufeinander und damit auch zwei (kulturelle) Identitäten mit unterschiedlichen Erwartungen, Sozialisierungen und Erfahrungen. Unterschiedliche Wünsche, Freiheiten und manchmal auch Sprachen. Dabei kann es zu Missverständnissen, Vorurteilen, neuen Einblicken und Gemeinsamkeiten kommen. In unserer Reihe „Kultur der Liebe“ wollen wir es genauer wissen. In Mexiko ist Stef (29) in einer katholisch-konservativen Gesellschaft aufgewachsen. Und obwohl ihre Familie selbst nicht religiös war, ist Stef auf christliche Schulen gegangen, da diese eine gute Ausbildung boten. Durch die dortige Sexualerziehung war sie zunächst von sexueller Intimität abgeschreckt und wollte am Liebsten für immer Kind bleiben. Zwar kann sie sich daran erinnern, schon im Kindergarten immer in irgendjemanden verliebt gewesen zu sein, aber Sex wurde ihr als etwas sehr Schlimmes und Verbotenes vermittelt, vor allem für “brave Mädchen”. Sexualität war ein schambehaftetes Thema. Mittlerweile ist das nicht mehr so. „Das war alles nicht so sexuell. Ich weiß nicht wieso“ Ich bin in Bezug auf Dating und Liebe eine Spätzünderin gewesen. Auf der einen Seite gab es das konservative Umfeld meiner Schule und auf der anderen Seite meine Freundinnen. Sie sind nicht auf christliche Schulen gegangen und hatten bereits Interesse an Sex. Häufig hatte ich dadurch das Gefühl, unter Druck zu stehen, sexuell aktiv sein zu müssen. Genau das wollte ich nicht. Deshalb war ich froh, dass ich erst spät meine Menstruation bekommen habe. Ich hatte keine Lust auf sexuelle  Erfahrungen und am liebsten wäre ich für

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Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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Kohero Magazin