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Neues aus Afghanistan im Februar

Unsere Autorin fasst die Nachrichten aus Afghanistan für den Monat Februar zusammen. Diplomatische Beziehungen stehen diesmal im Fokus.

Fotograf*in: Mohammad Husaini

Afghanisches Konsulat in Istanbul

Der Außenminister der Taliban hat vier Mitarbeiter des afghanischen Konsulats in Istanbul entlassen. Die türkische Regierung ist dabei, das afghanische Konsulat in Istanbul an die Taliban zu übergeben.

Erdbeben

300 afghanische Bürger kommen bei Erdbeben ums Leben, 400-500 werden verletzt. 

Visabeschränkungen

Die USA verhängen Visabeschränkungen für einige Taliban-Mitglieder, von denen angenommen wird, dass sie an der Unterdrückung der Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan beteiligt sind.  Es wurden keine Angaben zu den Taliban-Mitgliedern gemacht, für die die Visabeschränkungen gelten werden.

Neues Mediengesetz

Der stellvertretende Minister für Veröffentlichungen des Informations- und Kulturministeriums hat angekündigt, dass in Afghanistan ein neues Mediengesetz eingeführt werden soll.

Selbstmordrate

Die Selbstmordrate hat in den letzten Monaten in verschiedenen Provinzen zugenommen. Dieses wird  auf häusliche Gewalt, Zwangsehen, Armut und wirtschaftliche Probleme sowie fehlenden Zugang zu Bildung und grundlegenden Menschenrechten zurückgeführt.

Afghanische Botschaften

Die afghanische Botschaft in Teheran ist offiziell an Diplomaten des Islamischen Emirats übergeben worden.  Die sieben Diplomaten haben am Montag ihre Arbeit aufgenommen, um Verzögerungen bei der Erbringung der Botschaftsdienste zu vermeiden. Auch wenn die derzeitige Regierung Afghanistans von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird, sind die Botschaften Afghanistans in Russland, China, Pakistan und Iran den Diplomaten des Islamischen Emirats anvertraut worden.

Radiosender

Am Weltradiotag am 13. Februar meldete das Ministerium für Information und Kultur, dass landesweit 200 Radiosender in Betrieb seien. In den letzten 18 Monaten haben jedoch mehr als 44 Radiosender ihren Betrieb eingestellt. Die Unabhängige Journalistengewerkschaft Afghanistans teilte in einer Erklärung mit, dass 1900 Journalist*innen und Medienmitarbeiter*innen seit der Machtübernahme durch die IE ihren Arbeitsplatz verloren haben, darunter über 1000 Frauen.

Der erste Radiosender in Afghanistan ging 1926 unter dem Namen Kabul Radio auf Sendung, später wurde er in Afghanistan Radio umbenannt. „Die Tochter von Mahmud Tarzi war eines der ersten Mädchen, die mit ihrer Burka zum Afghanistan-Radio kam und über das Programm berichtete“, sagte Faqir Miwand, der frühere leitende Berater des Ministeriums für Information und Kultur.

Hier geht es zu den Neuigkeiten im Januar.

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Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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Ramadan, Reflexion und Identität

Während ich diesen Text schreibe, sitze ich im Zug nach Berlin. Ich fahre nach Hause, zu meiner Familie in Berlin, um gemeinsam mit ihnen das Ende des Fastenmonats Ramadan zu feiern. Normalerweise kommentieren Hussam, Natalia und ich in dieser Kolumne das aktuelle Geschehen aus unserer Perspektive zu Themen um Flucht und Migration. Und auch diese Woche hätten wir über europäische Abschottungspolitik schreiben können oder über Todeszahlen im Mittelmeer. Doch vielleicht halten wir auch kurz in dieser Kolumne inne, denn schließlich ist heute Feiertag. Zur Ramadan-Zeit fühle ich mich besonders mit meiner Familie und meiner Religion verbunden. Doch seitdem ich ausgezogen bin, empfinde ich auch eine gewisse Distanz und Isolation. Denn ich habe hier kaum Anschluss an muslimische Communities, kenne die Moscheen nicht und erwische mich häufig dabei, vor diesen Kontakten zurückzuscheuen. Vielleicht weil ich nicht 30 Tage am Stück faste, vielleicht weil ich in einem sehr weißen und christlich geprägten Umfeld aufgewachsen bin und vielleicht weil ich mich oftmals unsicher oder nicht so gefestigt in meinem Glauben fühle. Ramadan ist für viele Muslim*innen eine sehr besondere Zeit, in der sie sich ihrem Glauben und sich selbst widmen. Es ist für viele Muslim*innen aber auch eine Zeit, in der sie sich besonders einsam, schuldig oder verwirrt fühlen. Ich habe Ramadan noch nie in Pakistan, dem Herkunftsland meiner Familie, verbracht. Ich weiß nicht, wie es ist, wenn alle Menschen um einen herum fasten. Wenn Arbeitszeiten an die Fastenden angepasst werden und gemeinschaftlich bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gegessen wird. Seitdem ich denken kann, ist Ramadan und Zuckerfest etwas, was wir irgendwie noch nebenbei unterkriegen mussten. Mindestens eine Person musste immer arbeiten, konnte die Mathe-Prüfung nicht verpassen oder hatte sonstige Verpflichtungen. Es ist Zeit, dass muslimische Identitäten in Deutschland in ihrer Komplexität wahrgenommen werden Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich heute ein sensibles

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Die Lage im Sudan – Abschiebestopp und sichere Fluchtwege jetzt!

Seit Mitte April hat sich die Lage im Sudan verschärft. Schon viel länger dauern die innenpolitischen Spannungen an. Hunderte Menschen haben ihr Leben verloren, es gibt tausende Verletzte.  Laut UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sei die humanitäre Situation „am Tiefpunkt angelangt“. Bereits mindestens 73.000 Menschen seien laut UN auf der Flucht – weitere 800.000 könnten das Land schon bald in die benachbarten Staaten verlassen. Was ist im Sudan passiert? Der Sudan ist das drittgrößte Land Afrikas. Es ist auch eines der ärmsten Länder des Kontinents. Seit dem Abzug der britischen Kolonialmacht in den 50er Jahren befindet sich das Land immer wieder in politischen Krisen. Dem Staat fehlen die Ressourcen, um elementare Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Wasserversorgung für die Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. 2021 putschten die sudanesische Armee (“Sudan Armed Forces”) und die paramilitärische Einheit RSF (“Rapid Support Forces”) die Übergangsregierung, die das Ziel hatte, innerhalb von fünf Jahren einen Demokratisierungsprozess einzuleiten. Seitdem regierte ein sogenannter Übergangsrat das Land.  An dessen Spitze stand der Kommandeur der Streitkräfte, General Abdul Fattah al-Burhan. Sein Stellvertreter war der Oberbefehlshaber der RSF, Mohamed Hamdan Daglo. Die RSF sollte in die Strukturen der regulären Armee eingegliedert werden. Laut tagesschau sei dies zuletzt einer der großen Streitpunkte gewesen sein. Nun stehen sich General Abdul Fattah al-Burhan und Mohamed Hamdan Daglo, die erst vor zwei Jahren gemeinsam die Übergangsregierung stürzten, in den gewaltsamen Konflikten gegenüber. Seit Mitte April liefern sich beide Parteien schwere Kämpfe. Vereinbarte Waffenruhen wurden immer wieder gebrochen. Darunter leidet wie so häufig die Zivilgesellschaft. Die fehlende Infrastruktur und schlechte medizinische Versorgung droht zu einer verheerenden Katastrophe zu führen.   Priorität für den Schutz der sudanesischen Zivilgesellschaft Deutsche Diplomat*innen und Staatsbürger*innen haben das Land bereits im April vollständig verlassen. In der deutschen Botschaft blieben allerdings die Pässe von sudanesischen Bürger*innen zurück, die auf ein Visum in

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Ist Eisessen im Freien eine Kulturdebatte?

“Ist Eisessen im Freien obszön?” Das ist der Titel einer aktuellen Kolumne von dem syrischen Autor Mohamad Alkhalaf. Der Artikel wurde in den letzten Tagen viel auf Twitter und in konservativen und rechten Medien diskutiert. Die Süddeutsche Zeitung und vor allem der Journalist Alkhalaf wurden kritisiert. Übermedien hat in einem sehr interessanten Kommentar ausführlich beschrieben, wie aus dem Kommentar eine “erfundene Debatte” entstehen konnte.  Ich möchte in meiner Kolumne nicht über diese (fast schon typisch deutsche) Diskussion zwischen Twitter User*innen und konservativen Medien sprechen, wo jede Aussage von einem Ausländer mit Absicht falsch verstanden und umgedreht wird. Viel interessanter ist das sowalif aus der syrischen und der arabischsprachigen Community und wie diese auf die Kolumne reagiert hat.  Kritik an Alkhalaf Der auf Facebook bekannte syrische Journalist Omar Kasir hat den Artikel übersetzt und Alkhalaf kritisiert, weil er den Rechten eine Grundlage gegeben hat, um noch mehr gegen Syrer*innen zu hetzen. Aber er kritisiert auch die Süddeutsche Zeitung, warum sie dem Autor Platz für diese Meinung eingeräumt hat. Es gab sehr viele zustimmende Kommentare.  Was ich interessant finde, ist, dass Alkhalaf seit 2018 monatlich seine Kolumne schreibt, aber die syrische Community ihm bisher wenig Aufmerksamkeit gegeben hat. Erst mit der Übersetzung und der Kritik durch Kommentatoren wie Kasir wurden viele Syrer*innen auf Alkhalafs Kolumne aufmerksam. Hier zeigt sich, wie wichtig es für uns ist, die Muttersprache Arabisch zu nutzen, um die Syrer*innen online zu erreichen, auch wenn viele Syrer*innen sehr gut Deutsch sprechen. Als Plattform kann man nur mit der arabischen Sprache (und hauptsächlich durch Facebook) die erste Generation erreichen. Oder aber man braucht einen Shitstorm von den konservativen Medien, um die Aufmerksamkeit der Syrer*innen in Deutschland zu gewinnen. Denn viele syrische Journalist*innen beobachten die konservativen und rechten Medien und wissen, dass diese oft negativ über die syrische Community berichten, während

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Dunkle Meeresoberfläche

Seenotrettung: ein tödliches Politikum

Ein Fischerboot mit 750 Menschen an Bord ist am Mittwoch vor Pylos in Seenot geraten und gekentert. Das Boot kam aus Libyen, die Flüchtenden wollten wahrscheinlich über die Mittelmeer-Route nach Italien. Nur rund 100 von ihnen konnten gerettet werden. Viele werden noch vermisst. Bereits am Dienstag wurde das überfüllte Fischerboot lokalisiert. Die griechischen Behörden hätten sofort handeln müssen. Stattdessen sei es stundenlang nur beobachtet worden. Die Küstenwache behauptet, die Menschen auf dem Fischerboot hätten jede Hilfe abgelehnt. Das Boot habe nach Italien weiterfahren wollen, so der Sprecher der griechischen Küstenwache.  Bamdad Esmaili berichtet für den WDR aus Griechenland über das, was später viele als  “Unglück” bezeichnen, seinem Kollegen gegenüber hätten mehrere Überlebende unabhängig voneinander berichtet, dass von der griechischen Küstenwache versucht wurde, das Boot mit den flüchtenden Menschen in italienische Gewässer zu ziehen: Das Boot wurde gepushbackt. So kam es den Berichten nach zu der Katastrophe.  Diskriminierende Strukturen unter den Flüchtenden Nach Überlebenden wurde dem WDR nach am Donnerstag noch gesucht, die Überlebenschancen sind zum jetzigen Zeitpunkt überaus gering. Mehr als 500 Menschen sind wahrscheinlich ertrunken, unter ihnen alle Kinder und Frauen, die sich an Bord befanden. Schilderungen der Überlebenden zufolge seien ungefähr 100 Kinder auf dem Boot gewesen, die sich gemeinsam mit den Frauen im Zwischendeck und am Rumpf befanden und das kenternde Boot nicht rechtzeitig verlassen konnten. Die insgesamt 104 Überlebenden wurden in Kalamata in der Region Peloponnes untergebracht, einige befinden sich noch im Krankenhaus. Von den geretteten Menschen werden 9 Männer aus Ägypten verdächtigt, als Schlepper auf dem Boot gewesen zu sein. Überlebende berichten, dass nicht nur Frauen und Kinder von diesen unter Deck gezwungen wurden – auch Menschen aus Pakistan wurden dort vermutlich eingesperrt. Lokalmedien berichteten von mindestens 300 bis 400 pakistanischen Menschen, die gestorben sind. Nur 12 haben überlebt. Dies zeigt, wie rassistische Strukturen auch

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Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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