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Neues aus Afghanistan: März

In unserer monatlichen Rubrik "Neues aus Afghanistan" fasst unsere Autorin Sahar Reza die Ereignisse des letzten Monats, März, zusammen.

Neues aus Afghanistan: Februar 2021
Fotograf*in: sohaib-ghyasi-tNMjdEqInMs-unsplash

#LetAfghanGirlsLearn

Hausdurchsuchungen

Bei Hausdurchsuchungen im Rahmen einer Operation suchten die Taliban angeblich nach Dieben/Entführern und Kriminellen in verschiedenen Teilen der Provinzen Kabul, Parwan und Kapisa. Die meisten Aktivisten und Einwohner haben dies als Verletzung der Privatsphäre der Bürger und als Schikane gegenüber einer bestimmten ethnischen Gruppe bezeichnet. Unterdessen kritisierten die Bewohner die Art und Weise, wie die Operation durchgeführt wurde. Das Militär durchsuchte die Häuser der Menschen nach Waffen. 8am.af

Hausdurchsuchungen bei Künstlern

Eine Reihe von Hausdurchsuchungen bei Künstlern hat Besorgnis ausgelöst. Lokale Künstler in der Provinz Kapisa haben ihre Besorgnis über die von den örtlichen Behörden auferlegten Beschränkungen zum Ausdruck gebracht. Sie erklärten, dass sich ihre Sorgen um ihre Wirtschaft und Sicherheit seit dem Fall der Republik vervielfacht haben. Sie bitten die Behörden, ihnen die Arbeit wieder zu gestatten. Aber die Beamten der Behörde für Recht und Ordnung sagen, dass das Musizieren nach der Scharia verboten ist und von den Taliban als Verbrechen eingestuft wird. Die einheimischen Künstler behaupten, dass sie keine andere Arbeit als das Spielen von Musik oder Instrumenten haben. Und dass sie ihr halbes Leben in diesem Beruf verbracht haben. Sie erzielten mit diesem Beruf ein Einkommen. Aber wie sollen sie ihre Familienmitglieder ernähren, wenn es ihnen nicht erlaubt ist, in ihrem Beruf zu arbeiten? 8am

Zalmay Khalilzad

Zalmay Khalilzad, ein ehemaliger US-Gesandter in Afghanistan, der das Abkommen im Namen der USA unterzeichnete, sagte, dass es notwendig sei, über die Bildung einer Regierung in Afghanistan zu verhandeln. Man solle eine Formel verabschieden, um die Fehler der letzten 40 Jahre zu vermeiden. 8am.af

Recht auf Bildung

Am 23. März sollten die Schulen nach achtmonatiger Wartezeit wieder geöffnet werden, allerdings nicht für die Mädchen ab der 6 Klasse. Die Taliban sagten, dass die Schultüren bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Als Grund wird angegeben, dass die Schuluniformen der Mädchen nicht islamisch sind. Gleichzeitig haben sie weibliches Personal aus privaten und öffentlichen Einrichtungen entlassen. Für diese Entscheidung gab es Demonstrationen, die jedoch mit Verhaftungen und Entführungen beantwortet wurden. Menschen im ganzen Land kritisierten diese Entscheidung der Taliban und verwiesen auf das Heilige Buch (Koran), dass die Schließung der Türen für Mädchen nichts anderes als ein Akt der Ignoranz ist. „Frauenrechte und das Recht der Mädchen auf Bildung sind die heikelsten Themen, die die Taliban seit ihrer Machtübernahme als Druckmittel einsetzen“, so Frauenrechtsaktivistinnen.

In einer Presseerklärung haben die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats ihre tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass Mädchen in Afghanistan nicht über die sechste Klasse hinauskommen. Sie haben die IEA aufgefordert, das Recht auf Bildung zu respektieren und ihre Zusagen einzuhalten, die Schulen für alle Schülerinnen wieder zu öffnen. 8am.af

Trinkwasser

Das ICRC hat den Mangel an gesundem und sauberem Trinkwasser in Afghanistan beklagt. Der jahrzehntelange Krieg in dem Land hat die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen beeinträchtigt, so dass Millionen von Menschen mit einem Mangel an gesundem und sauberem Trinkwasser konfrontiert sind. Aus Berichten der UNICIEF geht hervor, dass in zahlreichen Gebieten der einzelnen Provinzen, darunter auch in Kabul, ein gravierender Wassermangel herrscht. Darüber hinaus hat der Mangel an Trinkwasser dazu geführt, dass sich viele Kinder mit zahlreichen Krankheiten infiziert haben. Tolo News

Nowruz-Fest

Unter dem dunklen Schatten der IEA feierten die Einwohner von Mazar-Sharif zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht das Nowruz-Fest, weil die Taliban den Feiertag absagten. Mazar-e-Sharif war früher jedes Jahr Schauplatz für Tausende von Besuchern aus dem ganzen Land während des Nowruz-Festes. In diesem Jahr fand keine offizielle Zeremonie statt, da die Taliban gegen das Neujahrsfest waren. Sie bezeichnen das Fest als nicht im Einklang mit dem islamischen Recht.
Tolo News

Situation für Frauen bei Flügen

Viele Frauen durften ohne männliche Begleitung nicht an Bord von Inlands- und Auslandsflügen gehen und wurden am Flughafen Kabul an der Weiterreise gehindert. Zwei Beamte der Fluggesellschaft waren in die Angelegenheit eingeweiht. In der Zwischenzeit haben einige Reisebüros, die sich anonym äußerten, Tolo News mitgeteilt, dass sie entsprechende Anweisungen von den Fluggesellschaften erhalten haben. Diese verbieten ihnen den Verkauf von Tickets an Frauen, die ohne männliche Begleitung reisen. Der Reporter von Tolo News konnte keinen Kommentar von der IEA erhalten. Tolo News

Reporter

Zwei Radiosender, Radio Millat Zhagh und Radio Saangi, wurden geschlossen und sechs Reporter von vier Radiosendern wurden von der IEA in Kandahar festgenommen. 8am.af

Verbot von Nachrichtensendungen

VOA, BBC und DW berichteten, dass ihre Nachrichtensendungen von den lokalen Medien in Afghanistan nicht mehr gesendet werden dürfen. Die UNAMA, Reporter ohne Grenzen und andere unterstützende Medienorganisationen forderten die IEA auf, ihre Entscheidung zu überdenken. BBC und DW bezeichneten dies als Einschränkung der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung in Afghanistan. Die Publikationsabteilung des Ministeriums für Information und Kultur erklärte, es gebe kein Problem mit dem Inhalt der internationalen Fernsehprogramme. Aber die Kleidung der Moderator*innen verstoße gegen die islamischen Werte und afghanischen Grundsätze. Dies sei der Hauptgrund für die jüngste Entscheidung. BBC

Kündigung von Experten

Aus Dokumenten sickerte durch, dass die Taliban 16 Direktoren des Ministeriums für Arbeit und Soziales gekündigt haben. Es handelt sich bei ihnen um Experten mit Master- und Bachelor-Abschluss und 10 Jahren Erfahrung in ihrem Arbeitsbereich. Das Motiv dafür ist die ethnische Reform im öffentlichen Sektor. Ranghohe Taliban-Mitglieder mit religiöser Ausbildung und null Erfahrung in dem jeweiligen Arbeitsbereich sollen sie ersetzen. Diejenigen, die mit hochrangigen Taliban-Mitgliedern in Verbindung stehen, bleiben auf ihren Posten. Die entlassenen Mitarbeiter gehören einer bestimmten ethnischen Gruppe an. Und die neuen Mitarbeiter, die sie ersetzt haben, gehören alle der Pashtun ethnischen Gemeinschaft an. Aufgrund von Sicherheitsbedenken ist keiner der gekündigte Mitarbeiter*innen bereit, in den Medien ein Interview zu geben, um für seine/ihre Rechte zu kämpfen. 8am.af

Gewalt gegen Frauen

Frauenrechtsaktivistinnen aus der westlichen Provinz Nimruz haben bestätigt, dass die Gewalt gegen Frauen seit August 2021 zugenommen hat. Derzeit gibt es in der Provinz keine Organisation, die sich für Frauen einsetzt. Es gibt keine besondere Behörde, die sich um die Fälle von Gewalt gegen Frauen in Nimruz kümmert. Inzwischen haben die Taliban das Frauenministerium und alle Zweigstellen in den Provinzen geschlossen. Die Taliban haben die Frauen an das Provinzgericht verwiesen, um ihre rechtlichen Probleme zu lösen. Das Gericht ist dafür zuständig, ihre Ansprüche zu bewerten und die Fälle gemäß der Scharia-Gesetze zu bearbeiten. Doch die Frauen haben Angst und können sich nicht äußern, weil sie die Taliban fürchten. 8am.af

Weitere Einschränkungen

Das Taliban-Ministerium für Tugend und Beförderung hat ein Schreiben herausgegeben, wonach Männer und Frauen nicht mehr gleichzeitig in den Parks verkehren dürfen. Darin heißt es, dass Frauen sonntags, montags und dienstags in den Parks mit Hijab sein müssen, während Männer die Parks an den anderen Wochentagen betreten dürfen. Die Liste der Einschränkungen, die die Taliban den Bürgern auferlegen, geht noch weiter: Mädchen dürfen keine Schulen besuchen, Frauen dürfen nicht ohne männlichen Vormund reisen, Männer dürfen keine Hosen und Krawatten tragen und sie dürfen sich nicht rasieren. 8am.af

Lest hier über die Nachrichten aus Afghanistan im Februar

 

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Kategorie & Format
Autorengruppe
Sahar Reza
Sahar kommt aus Afghanistan und hat ihre Kindheit in Pakistan verbracht. Ihr Studium der  hat sie in Indien und Hamburg (Master Politik- und europäischen Rechtswissenschaft) absolviert. Sie hat im Management und im Journalismus gearbeitet. Seit langem setzt sie sich für Menschenrechte (besonders Frauen-, Kinder- und Flüchtlingsrechte) ein. Für kohero (früher Flüchtling-Magazin) ist sie seit 2017 aktiv. „Ich arbeite für das kohero-Magazin, weil das Magazin mir eine Stimme gibt und ich habe die Möglichkeit, über verschiedene Themen zu schreiben und kann in meinem Arbeitsbereich Journalismus in Deutschland weiterarbeiten und aktiv sein.“

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